Ab 7. November muss das Gastronomie-Personal von Schild auf Maske wechseln.

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Wien/Linz – Eine Passage in der neuen Covid-19-Verordnung erregt seit letzter Nacht besondere Aufmerksamkeit: das Alkoholverbot nach der Sperrstunde im Umfeld von Bars. Weil kein Ende definiert ist, sind manche in Sorge: Sind wir auf dem Weg in eine Prohibition?

Konkret heißt es in der Novelle, die am Sonntag in Kraft tritt: "Nach der Sperrstunde dürfen im Umkreis von 50 Metern um Betriebsstätten der Gastgewerbe (sic!) keine alkoholischen Getränke konsumiert werden." Die Sperrstunde liegt in den meisten Lokalen bei 1.00 Uhr.

Kein generelles Alkoholverbot

Alles halb so schlimm, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer, der "am Rande" an der Verordnung beteiligt war, wie er sagt. Mit dem Verbot würde man schlicht darauf abzielen, "zu verhindern, dass Leute aus der Bar rausgehen und dann in größeren Gruppen daneben stehen und sich weiter betrinken". Das Verbot endet, wenn die Lokale wieder aufsperren dürften, also um 5 Uhr früh. In der Zwischenzeit sollte man sich einem Lokal auch dann nicht nähern, wenn man zufällig gerade am Trinken ist. "Doch wie wahrscheinlich ist es, dass man um 3 Uhr früh mit einer Wodkaflasche spazieren geht?", fragt Mayer.

Doch in der Verordnung ist nicht explizit geregelt, dass das Alkoholverbot nur im öffentlichen Raum gilt. Dieser Zusatz wäre erwartbar, fehlt aber. "Das ist eine Interpretationsfrage", sagt Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger. Den müsse man sich quasi dazudenken. Denn: Die gesamte Verordnung sei so zu interpretieren, dass sie nicht im privaten Wohnraum gelte. Von einem Alkoholverbot im öffentlichen Raum sei man weit entfernt.

Feiern als "Großstadtproblem"

Doch wie sehen das alles eigentlich Betroffene, also Gäste, Wirte und Servicepersonal? Als "Großstadtproblem" sieht der Ennser Gastronom und Hotelier Wolfgang Brunner die neue Covid-19-Verordnung. "Es passiert bei mir eigentlich nicht, dass die Gäste nach der Sperrstunde vor dem Lokal dann weiterfeiern", so der Chef vom Goldenen Schiff im STANDARD-Gespräch. In der Großstadt sei dies natürlich etwas anderes. Die Umsetzung der Registrierungspflicht klappe aber "ohne Probleme". Brunner: "Bei mir im Lokal hat sich noch niemand beschwert." Einzig beim Frühschoppen gebe es Stimmungsschwankungen: "Da kommen halt viele ältere Menschen jetzt nicht mehr, weil sie verunsichert sind.

Im Café KlimBim am Franz-Jonas-Platz in Wien-Floridsdorf sieht man die neuen Regelungen recht gelassen. Es ist Freitagmittag, keiner der Gäste hat ein alkoholfreies Getränk vor sich. Ein Besucher, der sich Günther nennt, fragt sich vor allem, wie das Alkoholverbot exekutiert werden soll. "Dann geh ich halt zehn Meter weiter oder lass die Flasche stehen", meint er.

Mangelnde Eigenverantwortung

Kellner Gerald Steffl sieht es ähnlich. "Von uns bekommt sowieso niemand ein Getränk, das er nach der Sperrstunde mitnehmen kann. Und der Gastgarten sperrt um 23 Uhr zu." Er appelliert vor allem an die Eigenverantwortung der Menschen, die er allerdings etwas vermisst. "Letztens war ein Stammgast da, der hatte seinen Mund-Nasen-Schutz glaub ich seit Ausbruch von Corona, so dreckig war der."

Steffl selbst trägt ein kleines Kunststoffvisier vor Mund und Nase und wird daher in zwei Wochen von einer weiteren Neuerung betroffen sein: Er wird es durch eine Maske ersetzen müssen. "Natürlich ist der Schild angenehmer, aber wenn er wirkungslos ist, dann halte ich mich daran", meint er lapidar.

Im bei jungen Menschen beliebten Café Rüdigerhof hat das Personal kein Umstellungsproblem. "Bis auf einen Kollegen tragen wir alle seit Beginn Masken. Die Schilde sind ja sinnlos", erklärt eine Kellnerin. An einem Terrassentisch vor dem Lokal sitzen Michael und Elke und rauchen. Das Paar, um die 30, sieht das kommende Alkoholverbot aus grundsätzlichen Erwägungen kritisch. "Ich brauche keine Renaissance des Biedermeiers", sagt Elke. "Auf der Straße sollte ich machen können, was ich will", ist sie überzeugt. Michael formuliert es noch drastischer: "Ich halte mich nicht an die Gesetze." (elas, mro, moe, 23.10.2020)