Laut Smart-City-Strategie der Stadt soll bis 2030 eine Pro-Kopf-Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrssektor um die Hälfte erreicht werden.

Foto: Michael Matzenberger

Wien – Hinter den Kulissen wird in der Wiener SPÖ heftig debattiert. Nach außen dringt nur wenig. Fix war am Freitag nur, dass der Verhandlungspartner für eine neue Stadtregierung am Dienstag, also direkt nach dem Nationalfeiertag, verkündet wird. Nach der Sitzung des roten Parteivorstands will Bürgermeister Michael Ludwig die Entscheidung gegen Mittag öffentlich machen.

Es zeichnete sich freilich schon ab, dass entweder die Neos oder die Grünen zum Zug kommen werden. ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel hatte nach dem Sondierungsgespräch mit Ludwig am Mittwoch von sich aus thematisiert, dass es "durchaus Differenzen" mit der SPÖ gebe. Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr und die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein thematisierten hingegen nach ihren Gesprächen Gemeinsames – auch wenn über Inhaltliches, wie mit Ludwig vereinbart, vorerst kein Wort verloren wurde.

Wie aber würde sich ein erstmalig möglicher rot-pinker Pakt von einer rot-grünen Fortsetzung in Wien unterscheiden? Die Antwort ist so banal wie nachvollziehbar: Einen völligen Paradigmenwechsel in der Stadtpolitik wird es so oder so nicht geben. Diese Feststellung ist auf die Hausmacht der Roten in ihrer Wiener Bastion gegründet: Die SPÖ holte mit Spitzenkandidat Ludwig dank leichter Zugewinne erstmals 46 von 100 Mandaten. Die Sozialdemokraten argumentieren damit, dass sich diese Stärke auch im Regierungsübereinkommen finden muss – egal mit welchem Partner.

Dazu kommt, dass der Kampf gegen die Folgen der Corona-Krise und die Maßnahmen gegen den Klimawandel in den kommenden Jahren wohl die größten finanziellen Mittel brauchen werden.

Verkehrsthemen umkämpft

Die wohl spannendste Frage bleibt, ob Ludwig tatsächlich das Experiment mit den Pinken wagt. Das hätte den für Ludwig angenehmen Nebeneffekt, dass dann das Verkehrs- und Planungsressort wieder zur SPÖ wandern dürfte. Dass hier die Grünen in den vergangenen zehn Jahren mit durchaus umstrittenen Maßnahmen aufzeigen konnten, hat rote Vertreter vor allem in den großen Bezirken nachhaltig verstört. Vor allem sie sind es, die Ludwig auf Kurs Richtung Pink bringen wollen.

Andererseits wurden beim Thema Verkehr schon große Pflöcke eingeschlagen, die auch die kommende Stadtregierung mittragen muss. Die Smart-City-Strategie der Stadt sieht etwa bis 2030 eine Pro-Kopf-Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrssektor um 50 Prozent im Vergleich zu 2019 vor. Dass das nur mit massiven und auch einschneidenden Verkehrsberuhigungsmaßnahmen möglich ist, liegt auf der Hand.

Klar ist auch, dass es weitere Verkehrsbeschränkungen in der Innenstadt geben wird. Zwar hat Ludwig das Konzept Hebeins samt Einfahrtsverboten in die City mit Verweis auf verfassungsrechtliche Bedenken vor der Wahl in der Luft zerrissen. Bei der Präsentation der Pläne von Hebein und City-Bezirkschef Markus Figl (ÖVP) waren aber auch die Neos im Bezirk unterstützend an Bord. Zudem spricht sich auch die Wirtschaftskammer für sanfte Verkehrsberuhigung aus. Bei Begegnungszonen hat die schwarze Wirtschaftskammer, die die Umgestaltung der Mariahilfer Straße noch heftig bekämpft hatte, einen Meinungsschwenk vollzogen.

Parkpickerl-Reform angekündigt

Im Wahlprogramm der SPÖ stand zudem, dass die Anzahl der Pkw-Pendler bis 2030 halbiert werden soll. Neben attraktiven Öffis soll hier auch ein wienweit kostenpflichtiges Parkpickerl als Lenkungseffekt umgesetzt werden. So wurde im Sommer bekannt, dass anstatt des aktuellen "Fleckerlteppichs" mit unterschiedlichen Lösungen nach der Wahl ein Zonen- und Tarifmodell mit einheitlicher Geltungsdauer ausgearbeitet wird. Parken in den Innenbezirken dürfte künftig teurer als in den Bezirken am Stadtrand werden.

Die Pinken haben hingegen bereits klargemacht, dass sie ihren Schwerpunkt weniger beim Thema Verkehr, sondern im Bereich Bildung und Klimaschutz setzen wollen. Wiederkehr würde etwa Brennpunktschulen weit mehr Geld als bisher zur Verfügung stellen wollen.

Ludwig steht vor der großen Entscheidung, mit den Neos eine neue Zweckpartnerschaft zu gründen – die zwar innovativ und neu, aber auch mit einigen Unsicherheiten behaftet wäre – oder sich durchzuringen, mit den Grünen an einer gemeinsamen Erzählung zu feilen, die die heftigen Reibereien zwischen den beiden Parteien überdeckt. Die Auflösung gibt es am Dienstag. (David Krutzler, 23.10.2020)