Ich habe für den Parasol bisher nicht viel übrig gehabt. Obwohl er im Gegensatz zu den meisten seiner Verwandten nicht gesucht werden muss, sondern kaum zu übersehen ist, habe ich ihn oft wortwörtlich links (oder rechts) stehen gelassen, wenn ich an ihm im Wald vorbei gegangen bin. Zu sehr erschien er mir als zweitklassiger Pilz.

Das hat, denke ich, damit zu tun, dass der Österreicher seiner vermeintlich schnitzelartigen Form einfach nicht widerstehen kann und ihn bevorzugt paniert. Möglich, dass das Ergebnis irgendwo irgendwann einmal gut war, knusprig, nicht fettig, aber saftig, und mit kräftigem Pilzaroma. Mir ist das bisher so leider nicht untergekommen.

Sämtliche panierte Parasole, die ich essen musste, waren viel zu schnell lätscherte Ungeheuer, die mehr nach Fett und Semmelbrösel denn nach Pilz schmeckten. (Das ist kein großes Wunder. Es ist schon schwer genug, trockenes Fleisch gut zu panieren, oder ganz generell, irgendetwas gut zu panieren. Ein wässriger Pilz mit Lamellen ist noch einmal eine größere Herausforderung.)

Foto: Tobias Müller

Zweite Chance

Heuer habe ich dem Parasol aber trotzdem eine zweite Chance gegeben, weil er gar so zahlreich in den Wäldern wuchert – und wurde bekehrt. Für Pilz-Profis und Wald-Veteranen mag das keine große Neuigkeit sein, allen Zweiflern gehört aber einmal laut gesagt: Auch der Parasol kann geschmacklich großes Kino sein.

Ganz schlicht in richtig guter Butter gebraten entfalten sich meiner Meinung nach seine Aromen um Welten besser als in der Panier: sie schmecken dann herrlich fleischig-pilzig, vielleicht etwas urig-gröber als der Steinpilz, aber intensiv, waldig und gut.

Mit etwas Ei gemischt und auf gutem Brot serviert wird eine schnelle Mahlzeit daraus, die sich vor gutem Hirn mit Ei nicht verstecken braucht. Bloß auf die Konsistenz muss der Parasol-Koch ein Auge haben – wer ihn aber lang und heiß genug brät, treibt ihm schon genug Schwammig- und Glitschigkeit aus.

Ein oft weggeworfener Bonus des Parasols ist außerdem der lange Stiel: der Länge nach auseinander gezupft und getrocknet wird er zur perfekten Pilzwürze für die nächste Hühnersuppe (Wie bei so vielen Pilzen intensivieren sich auch beim Parasol beim Trocknen die Aromen).

Foto: Tobias Müller

Falls Sie ein wenig Zeit und Lust haben, fahren Sie also baldigst in den Wald und machen sich auf die Jagd. Und lassen Sie nicht ganz perfekte Exemplare (zu weit geöffnet, Lamellen schon etwas bräunlich oder Hut gar schwammig) einfach stehen – Sie können es sich höchstwahrscheinlich leisten, wählerisch zu sein. Wir haben vor ein paar Tagen im schönen Südburgenland in einer knappen halben Stunde mehr Parasole gefunden, als wir mitnehmen wollten.

Besser wird der Parasol mit der Zeit übrigens nicht. Im Wasser und an einem kühlen Ort überleben die Pilze eine Nacht. Entstielt und in Küchenpapier gepackt halten sich die Hüte recht problemlos ein, zwei Tage im Kühlschrank.

Gebratener Parasol, sehr simpel, sehr gut

Viel braucht es nicht zum Pilzglück:

Parasole
Frühlingszwiebel
Beste Butter
Schwarzer Pfeffer
Sojasauce
Eventuell etwas Zitronensaft

Den Stiel abtrennen und den Parasolhut in nicht zu kleine Stücke teilen, sie gehen beim Braten sehr ein. Kleinere Exemplare vierteln, größere sechsteln bis achteln. Frühlingszwiebel grob hacken.

In einer schweren Pfanne eine unanständige Menge bestmöglicher Butter auf mittlerer Hitze schmelzen. Ordentlich frischen schwarzen Pfeffer hinein reiben. Die Zwiebel darin zusammenfallen und weich werden lassen.

Hitze hochschalten, die Parasole zugeben und salzen. Unter häufigem Rühren braten, bis sie all ihr Wasser gelassen haben. Das dauert ein bisserl, die Geduld wird aber belohnt. Sollten sie dazwischen (meist kurz nach dem in die Pfanne geben) etwas anlegen oder am Pfannenboden zu kleben beginnen, mit einem Schuss guter Suppe oder Weißwein oder -wenn wirklich nichts anderes zur Hand ist – Wasser ablöschen.

Wenn die Pilze genug eingekocht sind und die Konsistenz passt, mit einem Löffel Sojasauce und eventuell einem Hauch Zitronensaft würzen. Vor dem Servieren bei Lust und Laune mit mehr frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer würzen. (Tobias Müller 27.10.2020)