Daumen hoch für den Tod: US-Präsident Donald Trump bei einer Halloween-Feier.

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Die Zahlen sind horrend, ebenso ihre Steigerungsraten. Doch zumindest einer will von der neuen Corona-Welle, die sich in den USA abzeichnet, nichts mehr wissen. "Covid, Covid, Covid", lamentierte US-Präsident Donald Trump am Wochenende zunächst bei einer Wahlveranstaltung in North Carolina und am Montag auch via Twitter: Dauernd würden die Medien Fake-News verbreiten, gar kein anderes Thema käme mehr zur Sprache. Dabei, so der Präsident, habe man die Krankheit gut im Griff, die Zahlen würden lediglich steigen, weil man so viel teste. Tödlich sei sie für junge Menschen ohnehin kaum – und auch Alte würden "zu 99 Prozent" überleben, behauptet Trump, freilich ohne diese Falschbehauptung auch zu belegen. Die Bericht der Medien über Corona-Fälle hingegen, so Trump, würden den Wahlgesetzen widersprechen.

Der Präsident, so viel ist klar, sorgt sich im Wahlkampf-Finish darum, dass das für ihn unangenehme Thema der Pandemie wieder in den Vordergrund dringen könnte. Und das vermutlich aus gutem Grund. 481.000 neue Corona-Fälle wurden in der vergangenen Woche in den USA registriert, es ist der höchste Wert, der je innerhalb einer einzigen Woche verzeichnet wurde. Mehr als 80.000 Fälle waren es jeweils am Freitag und Samstag. Um 32 Prozent ist die Zahl der Fälle im 14-Tages-Vergleich gestiegen.

Dramatische Situation

Ein Teil der Ergebnisse lässt sich dabei in der Tat auf die Testraten schieben. Aber lang nicht alles. Das zeigt allein die Todesrate: Auch sie ist zuletzt deutlich gestiegen, erstmals seit langem gab es Freitag mehr als tausend Opfer.

Und auch die Situation in den Spitälern spricht nicht für eine Medieninszenierung. In Wisconsin und im republikanisch regierten Texas wurden Lagerhallen als provisorische Krankenhäuser eingerichtet. Der republikanische Gouverneur von Utah, Gary Herbert, warnte, die Krankenhäuser seien bereits jetzt überfordert. Er führte eine Pflicht zum Maskentragen ein.

Schritte, die Trumps Weißes Haus, das im Wahlkampf auf das Thema Wirtschaft statt Gesundheit setzt, nur mit einem verbalen Achselzucken quittiert, wie die New York Times es am Montag formulierte. Stabschef Mark Meadows hatte schon am Sonntag in der TV-Sendung State of the Union freimütig angemerkt, dass man von Seiten des Weißen Hauses "das Virus nicht kontrollieren" werde. Man müsse nun auf Impfungen warten und auf bessere Medizin, es handle sich immerhin "um ein ansteckendes Virus, so wie die Grippe". Was man tun solle, bis Impfungen und Medikamente verfügbar sind, sagte Meadows nicht. Der Präsident schwenke dem Virus gegenüber die weiße Flagge, kommentierte dies die Wahlkampagne des Demokraten Joe Biden. Sein ehemaliger Chef, Barack Obama, hatte beim einen Auftritt schon zuvor angemerkt: Dass Trump das Virus nicht einmal im Weißen Haus kontrollieren könne – das sei vielsagend.

Geheime Erkrankungen

Der Ex-Präsident spielte dabei auf eine neue Erkrankungswelle innerhalb des engsten Zirkels rund um den Präsidenten an. Mindestens fünf Mitarbeiter von Vizepräsident Mike Pence sind es diesmal, die am Virus erkrankt sind. Unter ihnen ist auch dessen Stabschef, Marc Short. Dieser ist auch an gewichtiger Stelle der präsidialen Corona-Taskforce tätig, deren Leitung Trump ja Pence überantwortet hatte.

Einiges spricht dafür, dass das Weiße Haus den peinlichen Vorfall geheim halten wollte, berichtete CNN am Sonntagabend. Da war Pence, obwohl K1-Person der Erkrankten, schon wieder auf Wahlkampftour. Der Vizepräsident sei eine Schlüsselarbeitskraft, argumentierte das Weiße Haus, er müsse daher auch nicht in Quarantäne. Montag wurde er negativ getestet.

Die Ratlosigkeit, mit der das Weiße Haus der Pandemie gegenübersteht, wurde indes auch an einer anderen Episode deutlich: Die New York Times berichtete über einen mittlerweile gestoppten Werbeplan für eine Corona-Impfung: Jene älteren Herren, die in Einkaufszentren als Santa Claus posieren, sollten Kunden die Impfung empfehlen. Im Gegenzug hätten sie selbst diese bevorzugt erhalten. (Manuel Escher, 26.10.2020)