Woran erkennt man Menschen mit herausragenden kognitiven Fähigkeiten, um nicht das böse Wort Intelligenz, die viele Facetten, von der sozialen über die körperlich-kinästhetische bis hin zur abstrakten, aufweist, zu verwenden? An sich gibt es kein Patentrezept für die einfache Klassifikation von differenzierten Personen, aber in vielen Fällen kann man diese dadurch erkennen, dass sie eher tief- als hochstapeln. Vorausgesetzt es handelt sich nicht um eine spezielle Form der Devianz im Sinne der Soziopathie, die sich in einer besonderen Form des Tarnens und Täuschens manifestiert.

Zurückhaltung, Reflexion und Bescheidenheit im Umgang mit sich selbst zeichnen diese Personengruppe aus und nicht Profilierungsdrang, Selbstgefälligkeit und Besserwisserei, wie man sie in manchen TV-Diskussionen und Interviews beobachten kann. Ebenso ist das Vorführen von vermeintlich Unterlegenen oder politisch Andersdenkenden keine Tugend von wahren Meistern. Die goldene Regel in diesem Zusammenhang lautet “weniger ist mehr“. In diesem Blickwinkel hat Donald Trump nicht gerade die besten Karten. Andererseits sollte man nie jemanden, auch wenn er noch so defizitär erscheinen mag, unterschätzen. Trump ist zweifelsohne ein Seismograph und gleichzeitig Katalysator für die amerikanische Seele.

Das Medium ist die Botschaft

Die viel zitierte Aussage des kanadischen Kommunikationswissenschafters Marshall McLuhan “The Medium is the Massage“ meint, dass dem jeweils verwandten Kommunikationsmittel eine zentrale Bedeutung bezüglich der Wirkung der jeweiligen Aussagen zukommt. So gesehen ist der 45. Präsident der USA Medium und Botschaft in einem. McLuhan sieht Medien außerdem als Erweiterungen unserer menschlichen Sinne, des Körpers und des Geistes. Der Anführer der mächtigsten Nation der Welt ist für seine Anhänger durchaus eine mentale Erweiterung ihrer Perspektive auf die Welt und was noch wesentlicher ist, ein Transmitter ihrer Bedürfnisse und Emotionen. Er schafft es wie kein zweiter Kognition mit Emotion zu verknüpfen.

langweilige Dokus

Der wesentliche Aspekt der Akzeptanz einer Botschaft liegt in der richtigen Wechselwirkung aus Information, Emotion und der daraus resultierenden Kognition. Wenn diese drei Ebenen ineinandergreifen, dann erzielt der Inhalt die gewünschte Wirkung. Man erinnere sich nur an das Beispiel der Flüchtlingskrise 2015/16, in der die Information von unzähligen Geflüchteten, die nach Europa strömten, von einer Anfangs solidarischen Position zu einer Emotion der Angst und Abwehr kippte und schlussendlich in dem bewussten kognitiven Votum der Ablehnung dieser Entwicklung bei den Nationalratswahlen 2017 führte, die ein Erstarken von Kräften rechts der Mitte zur Folge hatte. Den erörterten Code beherrscht Trump intuitiv. So gelingt es ihm Verschwörungstheorien wie Pizzagate, QAnon und viele mehr im “Kampf gegen das Establishment“ gezielt für sich zu nutzen.

Trump, Meister der Kommunikation?
Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

QAnon, Pizzagate und warum Verschwörungstheorien wirken

Sieht man sich an, was aktuelle Untersuchungsausschüsse zutage fördern, wundert es einen nicht, dass sich viele Menschen ihre Form der Wahrheit - wenn auch in kreativer oder noch extremerer Form - selbst zusammenzimmern. Jetzt kann man mit erhobenem Zeigefinger und versteckt hinter wissenschaftlicher Evidenz auf die Covidioten, Verschwörer und Halbgebildeten herabblicken, doch stellt sich die Frage, ob dies im Sinne der Demokratie gerechtfertigt ist oder man nicht besser an einem homogeneren positiven Code der Kommunikation, welcher Akzeptanz bei frustrierten Wählern und Bürgern schafft, arbeiten sollte?

Unter magischem Denken versteht man in der Psychologie eine Erscheinungsform der kindlichen Entwicklung, bei der ein Mensch annimmt, dass seine Gedanken oder seine Handlungen Einfluss auf ursächlich nicht verbundene Ereignisse nehmen, solche hervorrufen oder verhindern können. Ebenjenes ist in der Politik weit verbreitet. Der Umgang mit Unschärfe und Unsicherheit ist die Kernkompetenz der Zukunft und nicht das Bescheidwissen von Fakten, die in der Wissenschaft in kurzer Zeit schon wieder veraltet sein können. Daher "Abstand halten" von eindimensionalen Sichtweisen und Ideologien. Das weiß sogar der liebe Babyelefant, der in größerer Form das Wappentier der Republikaner und somit Trumps politischer Heimat ist. (Daniel Witzeling, 29.10.2020)

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