Civilization, Monkey Island, Dune 2 – es gibt so einige Spiele, die man berechtigterweise als "Klassiker" aus den frühen und mittleren 1990er-Jahren bezeichnen kann. Es war die Zeit, in der sich PCs endgültig gegen die Heimcomputer von Commodore, Atari und Co durchsetzten und Wohnzimmerkonsolen als alternative Spieleplattformen Fuß fassten.

Zu Anfang des Jahrzehnts waren viele Nutzer noch mit DOS unterwegs. Sie bedienten ihre Rechner noch primär mit Tastaturkommandos. Die erste Version von Microsofts Windows war zwar schon 1985 erschienen, doch es sollte bis Version 3 im Jahr 1990 dauern, ehe das System zur Welteroberung im PC-Sektor ansetzte. Denn diese brachte erstmals Unterstützung für mehrere Sprachen mit.

Bekannt wurde Windows aber nicht nur dafür, mit seiner grafischen Oberfläche den Bedienkomfort massiv zu verbessern und die Produktivität der Nutzer zu steigern, sondern auch für das Sortiment an Spielen, das man vorinstallierte. Die schiere Verbreitung machte sie zu den ersten Games-Klassikern der Ära des Microsoft-Betriebssystems.

Reversi

Den Anfang machte Reversi, das schon in der ersten Version von Windows dabei war. Das Spiel rund um das strategische "Flippen" von Steinen durch das Bauen von horizontalen, vertikalen und diagonalen Verbindungen konnte am gleichen Rechner gegen eine andere Person oder auch gegen einen Computergegner gespielt werden. Es hielt sich allerdings nur fünf Jahre lang.

Adam Plenty

"Minesweeper"

Mit Windows 3.1 (1992) wurde das Game ausgemustert. An seine Stelle trat Minesweeper, das ursprünglich schon 1990 im ersten "Microsoft Entertainment Pack" erschienen war. In diesem Spiel, das nach einem Kriegsschiff zur Beseitigung von Unterwasserminen benannt ist, arbeitet man sich strategisch durch ein Feld aus Kästchen, um Minen aufzuspüren. Klickt man ein Feld an, so offenbart sich dieses nebst einiger Nachbarfelder. Zahlen auf den Feldern zeigen an, wie viele Minen jeweils gerade oder diagonal angrenzen. Spielziel ist, alle Minen zu markieren und die restlichen Felder aufzudecken. Wer versehentlich ein Feld öffnet, hinter dem sich eine Mine verbirgt, verliert.

Das Game erlangte nicht nur einige Popularität als Zeitkiller für zwischendurch, sondern sorgte einige Jahre später für eine Protestkampagne unter dem Vorwurf, dass es die Opfer von Landminen herabwürdigen würde. Microsoft reagierte, indem man das Spiel anpasste und unter Windows Vista standardmäßig auch mit "Blumengarten"-Thema spielen konnte. Für den MSN Messenger brachte Microsoft auch eine Multiplayer-Variante an den Start, in der man das Spielziel umkehrte und versuchen musste, mehr Minen als der Gegner zu finden und zu detonieren.

"Hearts"

Ebenfalls mit Windows 3.1 ins Repertoire kam Microsoft Hearts. Hier tritt man gegen drei computergesteuerte oder menschliche Kontrahenten mit einer Hand aus Karten an, um möglichst wenige Stiche zu machen. Insbesondere sollte man es vermeiden, die Pik-Dame zu "gewinnen" oder zu behalten. Neben allerlei grafischen Überarbeitungen erhielt das Spiel im Laufe der Zeit auch Netzwerk- und Onlinefunktionen.

Adam Samuel Harris

35 Millionen spielen immer noch "Solitär"

Die größte Popularität erlangte allerdings der einzige reine Einzelspielertitel: Solitär. Es gehörte seit Windows 3.0 zum Repertoire und feierte diesen Mai sein 30-jähriges Jubiläum. Mit 35 Millionen Spielern, die täglich rund 100 Millionen Partien absolvieren, hat es auch immer noch eine riesige Nutzerbasis.

Im Grunde geht es in Solitär darum, Karten aufzudecken und geschickt zu sortieren, um einfarbige oder abwechselnd angeordnete Stapel in auf- oder absteigender Reihenfolge zu bilden und aufzulösen. Das vom damaligen Praktikanten Wes Cherry programmierte Spiel war eigentlich dafür gedacht, Nutzern den Umgang mit Windows besser beizubringen, unterstützte es doch mit "Drag & Drop" ein damals neues Feature. Cherry wollte auch eine "Boss-Taste" implementieren, mit der sich das Spiel schnell "verstecken" und eine Tabellenkalkulation anzeigen ließ, entfernte dieses Feature aber auf Druck seines Arbeitgebers noch vor Veröffentlichung.

Das hinderte das Game allerdings nicht daran, auch in Büros zu einem Zeitkiller zu avancieren. Ähnlich wie später bei Moorhuhn wurde so manche Beschwerde von Arbeitgebern darüber dokumentiert, dass Mitarbeiter zu viel Zeit mit dem Knobelspiel vertrödeln würden.

"Candy Crush" statt "Minesweeper"

Mit Windows 8 (2012) endete die Ära der vorinstallierten Games aus eigenem Hause allerdings. Minesweeper, Solitär und Co wurden zwar nicht beerdigt, müssen seitdem aber manuell aus dem Windows Store bezogen werden. Mit Windows 10 begann Microsoft, Games von Drittanbietern mitzuliefern – darunter etwa Candy Crush. Ein Schritt, der für einige Kritik sorgte, auch wenn sich die vorinstallierten Titel einfach deinstallieren lassen. (gpi, 27.10.2020)