Die österreichische Donau (hier bei Grein) ist etwa 350 Kilometer lang. Gut 80 Kilometer sind freie Fließstrecken. Sie brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Foto: Imago / Volker Preusser

Die Donau ist Energielieferant, Verkehrsweg, Erholungsgebiet und Naturraum. Die Ansprüche, die an den 2900 Kilometer langen Fluss gestellt werden, sind nicht immer einfach zu vereinen. In Österreich mit einem Donau-Anteil von 350 Kilometern ist man nicht zuletzt stolz auf die letzten beiden freien Fließstrecken in der Wachau und östlich von Wien mit insgesamt gut 80 Kilometern Länge. Gerade hier braucht das Gewässer aber auch Instandhaltung, um die Schifffahrt reibungslos aufrechterhalten zu können.

Bojen, Messboote, Bagger und elaborierte digitale Werkzeuge sorgen dafür, dass Fracht- und Personentransport nicht ausgebremst werden. Die Digitalisierung der Wasserstraße der österreichischen Donau, die von der Viadonau, einem Tochterunternehmen des Klimaschutzministeriums, vorangetrieben wird, ist dabei in vielen Aspekten zum Vorbild für die Schwestergesellschaften entlang des Flusses geworden.

Minimale Eingriffe

Das System, in dem alle die Instandhaltung betreffenden Daten zusammenfließen, heißt WAMS, kurz für Waterway Asset Management System. Informationen, die das Flussbett, die Kennzeichnung der Wasserstraße und den Schiffsverkehr betreffen, werden digital ausgewertet und visualisiert.

"Durch die automatisierte Verarbeitung der Daten können wir mit minimalen Eingriffen ins Ökosystem eine hohe Verfügbarkeit der Wasserstraße sicherstellen", sagt Projektleiter Markus Hoffmann, der als Verkehrswissenschafter der TU Wien und mit dem Unternehmen Hoffmann Consult die Entwicklung begleitet.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Wasserstraßenmanagements ist es, dafür zu sorgen, dass Seichtstellen oder schwer passierbare Bereiche vom Schiffsverkehr freigehalten werden. Gleichzeitig muss die Schotterbedeckung des Gewässerbodens – das Geschiebe, das von der Strömung flussabwärts getragen wird – beständig ausgeglichen werden.

"Wir vermessen die Stromsohle regelmäßig", sagt Markus Simoner, Leiter des Wasserstraßenmanagements bei Viadonau. Die Daten von den Vermessungsbooten, die per Multibeam-Echolot den Boden flächig abtasten, werden automatisiert ins System eingespielt.

Den Erfolg messen

Aufgrund der Pläne und einer jeweiligen Zieltiefe, die die Erfordernisse der Fahrrinne vorgeben, können die Experten festlegen, welche Bereiche ausgebaggert werden müssen und wo das Geschiebe flussaufwärts wieder abgeladen werden soll. "Das System berechnet bei der Planung automatisch die Kubatur, die zu baggern ist. Was früher einen halben Tag dauerte, ist heute in fünf Minuten erledigt", sagt Simoner.

Die Funktion dient nicht nur der Planung, sondern auch der Kontrolle, wie gut vergangene Instandhaltungsmaßnahmen greifen. Das System spuckt Kennzahlen aus, die den Erfolg des Wasserstraßenmanagements messen. Und auch die Kapitäne profitieren unmittelbar von den Tiefenmessungen – sie werden auch in das Flussinformationssystem Doris, das auf den Schiffen genutzt wird, eingespielt.

Moderner Sisyphus

Den Geschiebekreislauf aufrechtzuerhalten und den Schotter immer wieder flussaufwärts zu bringen ist eine "moderne Sisyphusarbeit", die aber mittels der digitalen Tools optimiert und minimalinvasiv erfolgen kann, sagt Hoffmann. Als "ganzheitliches Sedimentmanagement" sei das auch ökologisch wichtig.

Östlich von Wien gilt es etwa, einen Sohlendurchschlag zu verhindern. In den kritischen Bereichen ist zudem der Einsatz von Buhnen, also Uferbauten zur Verengung des Flussbetts, um Tiefe zu gewinnen, wichtig – auch sie werden mittels WAMS geplant und optimiert.

Eine weitere wichtige Datenquelle sind die Schiffe selbst. Sie verfügen allesamt über Transponder und übermitteln die Wege, die sie auf der Wasserstraße nehmen. Daten vergangener Fahrten werden mittels WAMS anonymisiert ausgewertet. Sie zeigen, ob Schiffe den optimalen Weg durch die Fahrrinne nehmen und damit auch den Erfolg von Erhaltungsmaßnahmen. Jeder Engpass, jedes Nadelöhr im Schiffsverkehr ist hier leicht abzulesen.

Stromsohleaufnahmen

Um die Donau als Transportader attraktiver zu machen, muss ihre Durchgängigkeit in allen zehn Anrainerländern sichergestellt werden. Österreich bemüht sich, gemeinsam mit anderen Ländern die Qualität zu heben, doch die Strategien, der Wille zur Transparenz und auch die Finanzierung sind entlang des Flusses unterschiedlich ausgeprägt. Immerhin konnte mit WAMOS bereits eine Datenbank etabliert werden, in denen Stromsohleaufnahmen über die Länder hinweg einheitlich zugänglich gemacht werden.

Die 2012 gestartete Entwicklung von WAMS ist bis heute nicht vollständig abgeschlossen. Zuletzt konnte etwa die Kennzeichnung der Wasserstraße aktualisiert und in das digitale Werkzeug integriert werden. "Die 125 Taktfeuer auf dem Land, früher mit Autobatterien betrieben, sind nun mit Solarpaneelen ausgestattet", schildert Thomas Hartl von Viadonau. "Der zweite Schritt war, Leucht- und normale Tonnen mit Fernüberwachungsmodulen auszustatten."

Bojen-Fernüberwachung

Neue Kunststoffbojen, die den Schiffen die empfohlenen Fahrbereiche anzeigen, verfügen nun nicht nur über integrierte Radarsichtzeichen, sondern wurden auch mit einem GPS-System ausgestattet, das Daten an ein Cloudsystem meldet. Das System ist ebenfalls ein Novum an der Donau. "Wir waren ein wenig die Versuchskaninchen. Wenn es bei uns ausgereift ist, übernehmen es auch andere", sagt Hartmann.

Die Bojen melden Werte wie Position und Abweichungen, Neigung und Batteriespannung. Damit lässt sich etwa das Problem abgetriebener Bojen nach einem Hochwasser besser lösen. Man weiß nun jederzeit, wo sie sich befinden und wo sie hingehören. Eine mühsame Suche erübrigt sich, betont Hartl. Die Echtzeitpositionsdaten finden nicht nur in WAMS Eingang, sondern sollen künftig auch in die elektronischen Karten des Flussinformationssystems Eingang finden. (Alois Pumhösel, 5.11.2020)