Die Stiftung Mozarteum, in deren Tresorraum die Geige normalerweise ruht, hat die Kostbarkeit zeitweilig Koncz anvertraut, damit er mit den Musiciens du Louvre (für Sony) Mozarts Violinkonzerte einspielt.

Hechenberger

Dieses Instrument hat so einiges erlebt. Zahlreiche Messdienste etwa vor einem Vierteljahrtausend im Salzburger Dom, um im Auftrag des Fürsterzbischofs Colloredo Gottes Größe klingend zu lobpreisen. Lange Reisen in einer Postkutsche durch deutsche Lande bis nach Paris und wieder zurück. Und wer trug sie dabei auf Händen und entlockte ihr die schönsten Töne? Ein äußerst begabter Teenager, Wolfgang Amadeus Mozart.

Christoph Koncz ist kein Teenager mehr, obwohl dem Wiener mit seinen 33 Jahren immer noch ein jugendliches Äußeres gegeben ist. Der Vorgeiger der Wiener Philharmoniker ist derjenige, der Mozarts Geige aktuell spielen darf. Die Stiftung Mozarteum, in deren Tresorraum die Geige normalerweise ruht, hat die Kostbarkeit zeitweilig Koncz anvertraut, damit er mit den Musiciens du Louvre (für Sony) Mozarts Violinkonzerte einspielt.

Mit Mozarts Werken war der Hochbegabte schon seit Kindesbeinen in Kontakt. Wie war es nun, als Koncz Mozarts Instrument zum ersten Mal in Händen hielt und so dem Musikgenie quasi physisch nahekam? Koncz wählt den religiös konnotierten Begriff eines "Erweckungserlebnisses", um seine Gefühle zu beschreiben, als er Mozarts "Reliquie" erstmals gespielt hat. Die Geige, so Koncz, wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Mittenwald von Aegidius Klotz gebaut und befindet sich noch im Originalzustand – eine Seltenheit, da im 19. Jahrhundert selbst Stradivari-Geigen modernisiert wurden. Mozarts Geige habe "besondere Qualitäten speziell auf den oberen Saiten", um einen kantablen Ton herzustellen. Er habe schnell Wege gefunden, mit dieser Barockgeige "ins Zwiegespräch zu kommen", so Koncz, der für die Aufnahme von Mozarts Violinkonzerten auch Kadenzen komponierte.

Ergänztes Fagott

Wenn er diese auf Mozarts ehemaligem Instrument interpretiert, fühle es sich an, als ob sich ein "Dialog über die Jahrhunderte" hinweg ereignen würde, schwärmt der Geiger. Ein akribisches Quellenstudium und Philharmoniker-Konzerte mit Nikolaus Harnoncourt halfen übrigens beim Sprachverständnis.

Für die Aufnahme der Mozart-Violinkonzerte war es dem dirigierenden Geiger ein Bedürfnis, "größtmögliche Authentizität herzustellen". So wurde auch die Besetzung der Salzburger Hofkapelle rekonstruiert: Die Musiciens du Louvre, als deren Erster Gastdirigent Koncz fungiert, spielen mit 28 Musikern. Koncz hat sich erlaubt, die Basslinie mit einem Fagott zu verstärken.

Wie wird der Lebensweg des Philharmonikers weitergehen, der seit 2019 auch die Deutsche Kammerakademie Neuss leitet? "Die Intensität meiner Auftritte als Dirigent soll zunehmen." Im Moment greift Koncz allerdings noch mehr zur Geige als zum Dirigierstab – mitunter auch zu jener von Mozart. (Stefan Ender, 27.10.2020)