Kurz vor einer drohenden katastrophalen Wahlniederlage feiern die US-Republikaner einen politischen Triumph. Mit der Bestätigung der neuen Höchstrichterin Amy Coney Barrett wird nicht nur die konservative Mehrheit im Supreme Court massiv ausgeweitet; Coney Barrett steht auch weiter rechts als die beiden bisher von Donald Trump auf Lebenszeit ernannten Höchstrichter. Und weil sie alle drei relativ jung sind, können sie die US-Politik auf Jahrzehnte bestimmen.

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US-Präsident Donald Trump mit der neuen Höchstrichterin Amy Coney Barrett.
Foto: REUTERS/JONATHAN ERNST

Für die Demokratie und den Rechtsstaat ist dies ein mehrfacher Schlag. Zum einen haben die Republikaner diesen Erfolg mit unlauteren Mitteln erzielt. 2016 verweigerten sie Barack Obama acht Monate vor der Präsidentenwahl die Richterernennung, die ihm zustand. Und nun drücken sie wenige Tage vor dem Urnengang ihre Kandidatin durch. Das ist brutale Machtpolitik auf Kosten jedes politischen Anstands.

Zum anderen verliert das wichtigste Gericht des Landes die demokratische Legitimation und droht, in den kommenden Jahren nur noch die Interessen einer schrumpfenden Minderheit zu vertreten. Denn Amerika rückt allein aus demografischen Gründen nach links, was wohl auch erklärt, warum die Republikaner so fanatisch um diese Bastion kämpfen.

Die Demokraten müssen das nicht hinnehmen. Siegt Joe Biden und erringt die Partei auch im Senat die Mehrheit, können sie das Gericht erweitern und neue liberale Richter ernennen. Das wäre ein Tabubruch, vor dem der Traditionalist Biden wohl zurückschrecken wird. Aber es nicht zu tun und einer radikalen rechten Clique das Feld zu überlassen wäre schlimmer. (Eric Frey, 27.10.2020)