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Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Das wird zu Veränderungen am Arbeitsmarkt führen.

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Die Verschärfung der Klimaziele sei "so gering wie möglich zu halten", forderte Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf vor wenigen Wochen angesichts der Abstimmung auf EU-Ebene. Gerade jetzt, in Zeiten einer Pandemie, gelte es, den Fokus auf Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Erholung zu legen. Zu ambitionierte Klimaziele könnten dazu führen, dass die Industrie abwandert und Jobs verlorengehen, fürchtet die Kammer.

Werden Bemühungen, Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, langfristig tatsächlich heimische Arbeitsplätze vernichten? Nein, lautet die Antwort in einem Expertenbericht, der heuer im Auftrag des Arbeitsministeriums erstellt wurde. Am Ende könnte es ein Nullsummenspiel sein: "Der Übergang zu einer neuen, emissionsärmeren Wirtschaftsweise bis 2030 hat in Summe kaum Auswirkungen auf das Beschäftigungsniveau", ist in dem Papier der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) zu lesen.

Gewinner und Verlierer

Dabei wird es natürlich Gewinner und Verlierer geben: Im Verkehrssektor und bei der Herstellung von Metallerzeugnissen werden "mehr Arbeitsplätze verlorengehen als in einer Welt ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen", schreiben die Autoren. Zusätzliche Jobs würden hingegen im Bereich der Gebäudesanierung und im Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen werden. So das Fazit der Studie, für die die Wissenschafter mehrere Szenarien errechnet haben. Diese seien jedoch nicht als Prognose zu sehen, sondern würden lediglich Entwicklungspfade aufzeigen.

Die Studienautoren sprechen von einem "Shift zwischen den Branchen" – also einer Umstrukturierung am Arbeitsmarkt. Vor allem Baufachkräfte und damit verwandte Berufe dürften bedeutender werden. Auch Lehrkräfte würden profitieren – immerhin wird es für die Transformation reichlich Bedarf an Umschulungen und Weiterbildungen geben.

Die Erneuerbaren-Branche wird beim Ziel der Klimaneutralität wohl zu den Gewinnern zählen.
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Unterm Strich würde sich der Umbau in Richtung eines nachhaltigeren Wirtschaftens kaum auf die Beschäftigung auswirken – und wenn, dann leicht positiv: Die Wissenschafter gehen zwar von weitreichenden strukturellen Verschiebungen aus, den Gesamteffekt am Arbeitsmarkt beziffern sie aber relativ gering. Sie haben für das Jahr 2030 ein Gesamtbeschäftigungsplus von maximal 0,3 Prozent errechnet.

In den Szenarien haben die Forscher auch eine CO2-Bepreisung und eine Beschränkung der Emissionsrechte einfließen lassen. Hier könnte der Staat bei Wachstumsverlusten und negativen Effekten auf das Gesamtniveau des Arbeitskräftebedarfs durchaus für einen Ausgleich sorgen: "Mit den passenden kompensatorischen Gegenmaßnahmen wie einer Senkung der Lohnnebenkosten kann nicht nur die Umwelt profitieren, sondern es können gleichzeitig Anreize für die Schaffung von mehr Jobs gegeben werden."

Bündelung von Maßnahmen notwendig

Die Autoren betonen in ihrem Fazit, dass einzelne Maßnahmen zur Zielerreichung nicht genügen würden, "sondern nur eine Bündelung aller möglichen Optionen". Großes Emissionseinsparpotenzial sehen sie – wenig überraschend – im Verkehrs- und Gebäudesektor sowie in der energieintensiven Industrie.

Für den Umstieg werden jedenfalls hohe Investitionen notwendig sein, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Zu deren Finanzierung könnten Einnahmen durch die Besteuerung klimaschädlichen Verhaltens und der Abbau umweltkontraproduktiver Subventionen beitragen. Nachsatz: "Staatliche Unterstützung ist aber unumgänglich."

Die Covid-19-Krise wird in dem Papier – anders als von der WKO – durchaus als Chance dargestellt: Nun könne man Anschubinvestitionen nachhaltig gestalten. (Nora Laufer, 28.10.2020)