Kanzler Sebastian Kurz findet, zu lange Quarantäne lähmt das Land.

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Der genaue Zeitraum, in dem man ansteckend ist, wurde noch nicht klar definiert.

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Frage: Was wird konkret gefordert?

Antwort: Mehrere ÖVP-Minister und Kanzler Sebastian Kurz haben in den vergangenen Tagen eine Diskussion darüber entfacht, ob die Quarantäne von K1-Kontaktpersonen von derzeit zehn auf fünf Tage verkürzt werden soll – wenn Betroffene dann einen negativen Test vorweisen können. Landläufig bezeichnet man das als "Freitesten". Wer freigetestet wird, soll also an Tag sechs wieder nach draußen dürfen und spart sich fünf Tage Isolation.

Frage: Warum will die ÖVP das?

Antwort: Kurz argumentiert, dass die lange Quarantänedauer das Land "lähmt" – also vor allem den Wirtschaftsstandort. Wenig überraschend spricht sich deshalb auch die Wirtschaftskammer dafür aus. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist skeptisch, er lässt die Möglichkeiten derzeit prüfen.

Frage: Wer ist überhaupt ein K1-Kontakt?

Antwort: K1-Personen sind vor allem all jene Menschen, die sich mit einer infizierten Person für 15 Minuten oder länger nahe im selben Raum aufgehalten haben. Im Rahmen des Contact-Tracings werden sie ausfindig gemacht. Aktuell ist es so, dass K1-Personen ab dem Zeitpunkt, an dem sie den Infizierten zuletzt gesehen haben, für zehn Tage in Quarantäne müssen – auch wenn sie keine Symptome zeigen.

Frage: Wie lange dauert es denn in der Regel, bis man Symptome zeigt, wenn man sich infiziert hat?

Antwort: Die Inkubationszeit – also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Beginn der Erkrankung – wird in den meisten vorliegenden Studien mit fünf bis sechs Tagen angegeben. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) sprechen von einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen – durchschnittlich dauert es aber eben fünf bis sechs Tage, bis jemand Symptome zeigt.

Frage: Und wie lange sind Infizierte im Schnitt ansteckend?

Antwort: Der genaue Zeitraum, in dem man ansteckend ist, wurde noch nicht klar definiert. Als gesichert gilt, dass die Ansteckungsfähigkeit bei Symptombeginn am größten ist. Ein erheblicher Teil der Übertragung erfolgt bereits vor dem Auftreten erster klinischer Symptome, sagt das Robert-Koch-Institut. Außerdem weiß man, dass die Ansteckungsfähigkeit im Laufe der Erkrankung abnimmt; Schwerkranke sind tendenziell länger infektiös.

Frage: Ist eine Verkürzung der Quarantäne aus medizinischer Sicht also überhaupt vertretbar?

Antwort: Der Virologe Christoph Steininger von der Universität Wien kann der Idee durchaus etwas abgewinnen, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Tatsächlich sei zu überlegen, Kontaktpersonen bereits nach fünf statt zehn Tagen aus der Quarantäne zu entlassen, wenn ein negatives Testergebnis vorliegt. Schließlich zeige ein PCR-Test ein positives Ergebnis schon drei Tage vor Ausbruch der Krankheit an, womit für insgesamt acht Tage Sicherheit gegeben wäre, argumentiert Steininger. Allerdings müssten die Testresultate dafür rasch vorliegen. Die Idee könnte also auch an der Praxis – konkret den Testkapazitäten – scheitern. (Katharina Mittelstaedt, Julia Palmai, 28.10.2020)