So soll die Wohnanlage in der Berresgasse einmal aussehen. Dank BIM hätte die Sozialbau dann eine Fülle von Daten für die Bewirtschaftung.

Bild: Patricia Bagienski

Das Stadterweiterungsgebiet Berresgasse in der Donaustadt zählt zu den derzeit größten Besiedelungsprojekten Wiens. Auf den noch leeren Ackerflächen zwischen Hausfeldstraße und dem Badeteich Hirschstetten sollen in den kommenden Jahren rund 3000 Wohnungen entstehen. Aktuell ruht das Verfahren wegen eines dazwischengeschobenen UVP-Verfahrens (Umweltverträglichkeitsprüfung). Aus internen Bauträgerkreisen vernimmt man, dass bis Dezember mit einem positiven Bescheid zu rechnen ist.

Doch die Wartezeit war und ist keine verlorene Zeit, denn mit der Muße konnten Qualitätskriterien beschlossen und künftige Strategien ausgearbeitet werden. Die Sozialbau beispielsweise hat den Entschluss gefasst, mit dem Bauvorhaben Berresgasse ihr erstes BIM-Projekt zu durchzuführen. Gemeinsam mit dem Wiener Architekturbüro Pichler & Traupmann errichtet sie hier knapp 320 Wohnungen. Nach eigenen Angaben ist dies in diesem Maßstab in Österreich das erste Mal, dass ein gemeinnütziger Bauträger ein Bauvorhaben mit Building Information Modeling abwickeln wird.

2D-Pläne sind passé

"Wir haben vor, unseren Bauteil zu einem großen Teil mit Betonfertigteilen zu errichten", sagt Andrea Steiner, Prokuristin bei der Sozialbau und Leiterin der Abteilung für Projektentwicklung. "Damit haben wir einen guten, logischen Einstieg in diese für uns neue Technologie." Building Information Modeling bedeutet: 2D-Pläne sind passé. Stattdessen arbeiten Architekten, Bauherr und Fachplaner gemeinsam an einem 3D-Modell, das sie wie einen digitalen Zwilling des zu bauenden Gebäudes virtuell aufsetzen und mit allen nötigen technischen Detailinformationen anfüttern.

Der Vorteil dabei: Aufwendige, zeitintensive und nicht zuletzt fehleranfällige Schnittstellen sollen auf diese Weise vermieden werden. Vor allem aber können aus dem BIM-Modell Daten wie Baumassen, Herkunft von Baustoffen, logistische Zeitinformationen zum Baubetrieb sowie Wartungsintervalle technischer Infrastruktur entnommen werden. Das fängt beim Tausch von Glühbirnen an und reicht bis zu allfälligen Sanierungen von Steigleitungen und Haustechnikelementen.

"Wir erhoffen uns von der Arbeit im BIM drei wesentliche Vorteile", sagt Hannes Stangl, technischer Direktor der Sozialbau. "Erstens wollen wir eine frühzeitige Kalkulationssicherheit. Zweitens wollen wir den Lebenszyklus hinsichtlich Baustoffen und Materialeinsatz genauer betrachten. Und drittens möchten wir aus dem BIM-Modell wichtige Daten für den Betrieb und die Bewirtschaftung des Gebäudes herauslesen." Die Sozialbau wolle jedoch nicht das gesamte Haus modellieren, sondern nur jene Bauteile, die sie auf jeden Fall im Betrieb benötigen werde.

Viel Erfahrung mit BIM

Viel Erfahrung mit Building Information Modeling jedenfalls haben schon die Architekten Pichler & Traupmann. Zu den bisher abgewickelten BIM-Projekten zählen der eine oder andere Wohnbau, die ÖAMTC-Zentrale in Erdberg und das neue Future Art Lab der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. "BIM bringt Orientierung und Kostensicherheit", erklärt Christoph Pichler. "Als Architekten staunen wir immer wieder, wie unbedarft manche Wohnbauträger in ein Projekt starten, oft ohne aussagekräftige Kostenrechnung. Und irgendwann kommt die böse Überraschung. Mit BIM kann man von Anfang an mit realistischen Zahlen arbeiten."

Die beabsichtigte Bauweise mit Betonfertigteilen, die im Bereich der Fassade wie eine thermisch entkoppelte Gitterstruktur vor das Haus gestellt und die Balkonplatten stützen sollen, komme dem BIM-Modell sehr entgegen, so der Architekt. "Die seriellen Elemente lassen sich gut planen und bei Bedarf mit einem Mausklick adaptieren. Es ist, als würde man einen digitalen Baukasten zusammenstellen. Langfristig erhoffe ich mir auf diese Weise eine bessere Kommunikation zwischen Planerschaft, Bauwirtschaft und Industrie."

Baubeginn ist im Frühjahr 2021, geplante Fertigstellung Anfang 2023. Die nächsten BIM-Projekte in der Sozialbau sind bereits in der Pipeline: Sophie7 mit Architekt Martin Kohlbauer, Stöbergasse mit Heri & Salli sowie Wiegelestraße mit Sne Veselinović. In Zukunft, so Direktor Stangl, wolle man BIM bei allen Projekten zum Einsatz bringen. (Wojciech Czaja, 30.10.2020)