Die BVT-Ermittlungen waren auch schon im U-Ausschuss Thema.

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Polizisten der Antidrogeneinheit, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Büros des Verfassungsschutzes eindringen, um dort stundenlang in Dokumenten zu wühlen: Exakt 973 Tage ist es her, dass diese berüchtigte Razzia die Republik erschüttert hat. Jetzt hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die erste Anklage in der Angelegenheit erhoben – mit den ursprünglichen Gründen für die Hausdurchsuchung hat sie nur mehr wenig zu tun.

Damals hieß es, dass BVT-Direktor Peter Gridling, sein Stellvertreter sowie weitere Beamte widerrechtlich Daten aufbewahrt sowie illegal nordkoreanische Passrohlinge an Südkorea weitergegeben hätten. Die Rede war von möglicher Korruption im Zusammenhang mit Reisen nach Südkorea und anderen Begünstigungen. Schon damals gab es Zweifel daran, dass diese Vergehen eine Hausdurchsuchung rechtfertigen – die Maßnahme wurde letztinstanzlich für widerrechtlich erklärt.

Skandalträchtige Razzia

Vonseiten der damaligen Opposition, also SPÖ, Liste Pilz und Neos, wurde vermutet, dass die Führungsspitze im Innenministerium rund um Herbert Kickl (FPÖ) die Ermittlungen nutzen wollte, um Beamte im Verfassungsschutz loszuwerden oder einzuschüchtern. Belegt ist, dass das Kabinett Kickl bei den Ermittlungen intervenierte. Außerdem stand der Verdacht von Spionage durch die Polizei im Raum – polizeilicher Leiter der Hausdurchsuchung war ein blauer Funktionär.

Nach und nach zerbröckelten jedoch zahlreiche Verdachtsmomente. Rasch wurden die Ermittlungen sowie die dienstrechtliche Suspendierung von Gridling aufgehoben, die Ereignisse hatten jedoch die internationalen Beziehungen in der Geheimdienstszene massiv beschädigt. Die WKStA stellte die Causa in ihrer Gesamtheit jedoch nicht ein, sondern setzte immer neue Ermittlungsschritte. Dabei stützte man sich auf sogenannte "Zufallsfunde". Diese werden nun auch zur Anklage gebracht, wie die "Presse" berichtet hat.

Zufallsfunde und Nebenstränge

Im Kern geht es um Vorwürfe gegen den ehemaligen Referatsleiter, der als ÖVP-nah gilt. Er soll Spesen falsch abgerechnet haben. Außerdem wird eine Datenabfrage inkriminiert, die er nach einem Hinweis seines Schwiegervaters durchgeführt hat. Dieser hatte sich gesorgt, dass einer seiner Mieter Verbindungen in die Islamistenszene aufweisen könnte. Angeklagt wird außerdem eine laut WKStA nicht genehmigte Observation der nordkoreanischen Botschaft. Der Schwiegervater sowie ein Mitarbeiter sind ebenfalls angeklagt, es gilt die Unschuldsvermutung.

"Man klagt eben aus Verlegenheit irgendetwas an, ich bin da aber entspannt. Es ist außerdem höchste Zeit, dass sich ein unabhängiges Gericht die Arbeit der Staatsanwaltschaft ansieht", sagt der Anwalt Otto Dietrich, der den einstigen Referatsleiter vertritt. (Fabian Schmid, 28.10.2020)