Sloweniens Regierungschef Janez Jansa stellte die führenden Medien immer wieder wegen ihrer Berichterstattung in der Coronakrise an den Pranger

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Ljubljana – In Slowenien haben 22 Chefredakteure aus Print- und Rundfunkmedien ihre Stimme gegen den wachsenden politischen Druck erhoben. "Wir werden dem Druck nicht nachgeben. Wir werden unsere wahrheitsgemäße Haltung und Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit nicht ändern", betonten sie in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme.

Die aktuelle Gesundheitskrise dürfe kein Vorwand für "schädliche" Änderungen von Mediengesetzen und politische Einmischung in die Medienunabhängigkeit sein, hieß es darin. Slowenien sei keine Ausnahme bei unangenehmen Maßnahmen, die in vielen Ländern wegen der Corona-Pandemie gefasst werden. "Oft sind wir aber eine Ausnahme bei dem, was uns sehr sorgt und was wir nicht als Teil von 'neuer Normalität' akzeptieren können", schreiben die Chefredakteure mit Blick auf die Kommunikationsstrategie der Regierung und Angriffe auf Medien und Journalisten.

Diskreditierung von Journalisten

Selten würden Behörden so massiv in Gebiete eingreifen, die mit der Krisenbewältigung in keinem Zusammenhang stünden. Und selten seien Journalisten so wie in Slowenien "direkten Unterstellungen, Manipulationen und Beleidigungen vonseiten der Machtvertreter, angefangen bei der Regierungsspitze" ausgesetzt. Die Chefredakteure riefen die Behörden auf, ihre "Energie und Zeit, die sie für die Diskreditierung von Journalisten und Druckausübung auf Medien" aufwendeten, besser in die Bewältigung der Krise zu investieren.

Slowenische Medien reagierten damit auf Kritik, die der Regierungschef Janez Jansa über seinen Twitter-Account übte. Jansa stellte die führenden Medien immer wieder wegen ihrer Berichterstattung in der Coronakrise an den Pranger. Er warf den Medien vor, Fake News über das Virus verbreitet zu haben und kritisierte sie dafür, Corona-Leugner zu Wort gelassen zu haben. Jüngst teilte er dann einen Artikel der rechtsgerichteten Wochenzeitung "Demokracija", in dem die Mainstreammedien für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich gemacht wurden, weil sie die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert hätten. Jansas Partei SDS ist Miteigentümer der Zeitung.

Kritik von Jansa

In einer Reaktion auf die Stellungnahme forderte Jansa die Chefredakteure via Twitter auf, nachzuweisen, ob und wann sie selbst die Corona-App installiert haben und wann sie zur Nutzung der App öffentlich aufgerufen haben. In einem weiteren Tweet kritisierte er erneut, dass die führenden Medien Kritikern von Corona-Maßnahmen den Platz geboten hätten.

Die Chefredakteure wiesen Kritik über die Berichterstattung in ihren jeweiligen Medien unterdessen zurück. Sie betonten, dass sich die Medien ihrer Verantwortung in der Krise bewusst seien und zeigten sich überzeugt, dass slowenische Bürger in den vergangenen Monaten durch die Medien eine umfassende Einsicht in das Geschehen rundum Covid-19 bekommen hätten. "Für uns zählt nur die Wahrheit. Wir klären auf und bilden, gleichzeitig können wir aber über umstrittene Handlungen von Machtträgern nicht schweigen", hieß es in dem Schreiben.

Der offene Brief wurde von Chefredakteuren der führenden Tageszeitungen Delo, Dnevnik, Vecer, Primorske Novice, Boulevardzeitungen Slovenske Novice und Svet24, TV- und Radioprogrammen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks RTV Slovenija, der Nachrichtenagentur STA, Sportzeitung Ekipa SN sowie Wochenzeitungen Reporter, Mladina und Nedeljski Dnevnik unterzeichnet. (APA, 28.10.2020)