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2015 hat die Aufsicht schon ein Verfahren gegen den Bankvorstand eingeleitet.

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Wien – Die Aufarbeitung der Commerzialbank-Pleite wird noch einigen Aufwands bedürfen. Der Masseverwalter wird als nächstes vor allem prüfen, ob eine Auszahlung der Einlagensicherung von mehr als 100 Millionen Euro zu recht erfolgt ist. So viel bekamen Inhaber von rund 13.000 Überbringersparbüchern, die bis zur Geltendmachung der Ansprüche andere legitimierte Eigentümer hatten. Diese Prüfung durch den Masseverwalter erfolgt gegenüber der Einlagensicherung (und nicht wie hier ursprünglich berichtet bei den Entschädigten), erklärte diese am Freitag.

Nur rund 50 Kunden, die ihre Forderungen aus Überbringersparbüchern direkt beim Masseverwalter angemeldet haben, sollen zu einem Gespräch beim Masseverwalter geladen und um Auskunft gebeten werden, heißt es in der Einlagensicherung Austria GmbH (ESA).*

Bei den Überbringersparbüchern sieht Masseverwalter Michael Lentsch "ein gewisses Missbrauchspotenzial". Zwar habe die Einlagensicherung ihre gesetzliche Aufgabe, unverzüglich auszuzahlen gut erfüllt, aber man habe vermutlich den administrativen Aufwand unterschätzt, der sich aus der Überprüfung der Angaben der Kunden ergebe. Die Einlagensicherung muss die Auszahlung an die Kunden gemäß Gesetz binnen sieben Tagen erledigen. Die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen, sei nun eben Aufgabe des Masseverwalters, erklärt Lentsch auf Anfrage des STANDARD. Die Einlagensicherung betont, bei der Auszahlung alle Regeln eingehalten zu haben.

Einlagensicherung umbauen

Insgesamt hat die Einlagensicherung 489 Millionen Euro an Commerzialbank-Kunden ausbezahlt. Die rund 500 Mitgliedsbanken müssen den Fonds, aus dem Kunden insolvent gewordener Banken bis zu 100.000 Euro bekommen, nun mit 270 Millionen Euro auffüllen. Sehr zum Leidwesen der Institute, die sich nun in der Rolle jener sehen, die für die jahrzehntelang unentdeckt gebliebenen Malversationen der Commerzialbank-Chefs zahlen müssen.

Der Chef der Nationalbank (OeNB) Robert Holzmann plädiert angesichts dessen dafür, die Finanzierung der Sicherungseinrichtung neu aufzustellen. Er sei für ein risikobasiertes Beitragssystem, sagte er jüngst laut Presse. Die Arbeit der Bankenprüfer der OeNB, die im Auftrag der FMA tätig werden und etliche Vor-Ort-Prüfungen in Mattersburg durchgeführt haben, verteidigt er.

Die Commerzialbank-Manager kamen unter die Lupe der FMA.
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FMA leitete Verfahren gegen Vorstand ein

2015 fand, zum Beispiel, so eine Vor-Ort-Prüfung statt und dabei stellten die Notenbanker zig Mängel fest. Damals trat erstmals ein Whistleblower auf den Plan und beschrieb Malversationen von Bankchef Martin Pucher. Seine Hinweise konnten die Vor-Ort-Prüfer freilich nicht auf den Boden bringen. Die FMA erstattete im Rahmen dieser Prüfung allerdings Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. Anlass dafür war, wie berichtet, die kreditfinanzierte Aufbringung von Eigenkapital.

Was bisher nicht bekannt war: Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens und gestützt auf das fragwürdige Eigenkapitalinstrument und den Vor-Ort-Prüfbericht der OeNB hat die FMA im November 2015 ein sogenanntes Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegen den Commerzialbank-Vorstand (Pucher und seine zwei damaligen Kolleginnen) eingeleitet. Bei dem Procedere wird, vereinfacht dargestellt, geprüft, ob die Qualifikation der Manager (noch) gegeben ist. Wenn nicht, folgt letztlich deren Abberufung. Dazu kam es dann aber nicht, denn das Verfahren gegen Pucher & Co verlief im Sand.

Vorwürfe schmolzen dahin

Wie das kam: Im Bezug auf das Eigenkapitalinstrument belegte das Institut, dass der Bankprüfer das Vorgehen in einem Gutachten als rechtskonform eingestuft und der Abschlussprüfer die Bilanz testiert hatte – weswegen dem Vorstand diesbezüglich nichts vorgeworfen werden konnte. Und bei der Behebung der zahlreichen Mängel verhielt sich der Vorstand kooperativ, wie es bei der FMA hieß. Als dann auch noch die Staatsanwaltschaft Eisenstadt davon Abstand nahm, Ermittlungen einzuleiten, führte die Aufsicht das Verfahren gegen die drei Bankchefs nicht mehr weiter.

Erst heuer brach dann alles auf – und zusammen. (Renate Graber, 29.10.2020)

*Der Artikel wurde am 30.10. um 16.40 Uhr ergänzt.