In der südfranzösischen Küstenstadt Nizza kam es zu einem Messerangriff.

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Nizza – Bei einer Messerattacke in der südfranzösischen Küstenstadt Nizza hat es laut Polizei drei Tote und mehrere Verletzte gegeben. Der Vorfall habe sich in der Nähe der Kirche Notre-Dame de l'Assomption ereignet, berichtete der Nachrichtensender BFMTV am Donnerstag. Die Polizei riet, den Bereich zu meiden. Umliegende Büros und Geschäfte wurden evakuiert. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin bestätigte den Vorfall, der sich bald als Terroranschlag erwies.

Frankreich rief die höchste Terrorwarnstufe aus, wie Ministerpräsident Jean Castex bekanntgab. Er sagte vor der Nationalversammlung, die Reaktion der Regierung auf den Angriff werde streng und unerbittlich sein.

Bei den drei Toten handelt es sich um einen Mann und zwei Frauen. Die erste Frau und der Mann seien wohl direkt in der Basilika erstochen worden. Die zweite Frau – das dritte Todesopfer – wurde in einer Bar vor der Basilika getötet, wohin sie zuvor offenbar geflüchtet war. Polizeikreisen zufolge sollen mehrere Opfer enthauptet worden sein.

Am Tatort schritten sowohl die kommunale als auch die Bundespolizei ein und nahmen den Täter fest. Bei der Aktion wurde der Mann durch einen Schuss aus einer Polizeipistole schwer verletzt, er wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht.

Anti-Terror-Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen in dem Fall. Dabei gehe es unter anderem um den Vorwurf des Mords in Verbindung mit einem terroristischen Vorhaben, hieß es von der Behörde. Am Tatort sind auch Sprengstoffspezialisten im Einsatz.

Der Bürgermeister der Stadt, Christian Estrosi, erklärte laut Nachrichtenagentur Reuters, der Täter habe vor seiner Festnahme "Allahu Akbar" gerufen. Die Tat gleiche einem terroristischen Anschlag, so der Bürgermeister.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist am Nachmittag in Nizza eingetroffen, unter anderem begleitet von Innenminister Darmanin, Justizminister Éric Dupond-Moretti und dem Anti-Terrorstaatsanwalt Jean-François Ricard. Macron wollte vor Ort mit Sicherheitskräften und Bürgermeister Estrosi sprechen.

Entsetzte Reaktionen

Die katholische Kirche in Frankreich zeigte sich entsetzt von der "unsäglichen Tat". Christen dürften nicht "zum symbolischen Schlachtopfer werden", forderte die Bischofskonferenz. Papst Franziskus bete für die Todesopfer, ihre Angehörigen und für das "geliebte französische Volk", hieß es aus dem Vatikan.

Der Präsident des Europaparlaments David Sassoli rief nach der Attacke zur Geschlossenheit auf. "Wir haben die Pflicht, zusammen gegen Gewalt und gegen diejenigen zu stehen, die aufhetzen wollen und Hass verbreiten", schrieb der Italiener am Donnerstag auf Twitter. Er sei schockiert und traurig über die Nachrichten aus Nizza. "Dieser Schmerz wird von uns allen in Europa gefühlt."

Das türkische Außenministerium hat die Messerattacke im französischen Nizza scharf verurteilt. Es gebe nichts, das Gewalt und das Töten von Menschen rechtfertige, teilte das türkische Außenministerium am Donnerstag mit. Menschen, die derartig brutale Angriffe an einem solch heiligen Ort verübten, hätten keine religiösen, humanitären oder moralischen Werte. Man stehe solidarisch mit den Menschen in Frankreich gegen Terror und Gewalt, hieß es.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Attacke als "entsetzlich und verabscheuungswürdig" verurteilt. "Meine Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und Freunden. Ganz Europa steht zusammen an der Seite #Frankreichs", schrieb Van der Bellen auf Deutsch und Französisch auf Twitter.

Angriff in Avignon ohne Terrorhintergrund

Auch in der Nähe der südfranzösischen Stadt Avignon bestand kurzzeitig Verdacht wegen eines mutmaßlich islamistischen Angriffs. Ein Mann habe in dem Ort Montfavet mehrere Menschen mit einer Pistole bedroht, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Die Polizei hat den Mann erschossen. Hinweise auf einen Terrorhintergrund gibt es Polizeikreisen zufolge allerdings nicht.

Am Donnerstag kam es auch zu einem Angriff auf einen Wachmann vor dem französischen Konsulat in der saudischen Stadt Jeddah. Der Angreifer wurde dem Konsulat zufolge festgenommen. Der Wachmann wurde mit einem "scharfen Gegenstand" attackiert und ins Krankenhaus gebracht, befinde sich aber nicht in Lebensgefahr. Von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Taten war zunächst nicht die Rede.

Mord an Lehrer

In Frankreich hatte zuletzt ein mutmaßlicher Islamist einen Geschichtslehrer auf brutale Weise ermordet. Der Fall sorgte für große Bestürzung im Land.

In Nizza waren am 14. Juli 2016 bei einem Anschlag mehr als 80 Menschen getötet worden. Auf der Promenade des Anglais fuhr ein Mann in einem Lkw in eine Menschenmenge, die sich dort am französischen Nationalfeiertag versammelt hatte. (red, APA, Reuters, 29.10.2020)