Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte einen schnelleren Austausch von Daten zwischen den EU-Staaten an. Ratspräsident Charles Michel sagte, man wolle eine gemeinsame Teststrategie erarbeiten.

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Brüssel – Die 27 EU-Staaten wollen nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel bei der Eindämmung der Corona-Krise enger zusammenarbeiten. "Wir sind einig, denn wir sitzen im selben Boot", sagte Michel am Donnerstagabend nach einer Videoschalte der 27 Staats- und Regierungschefs. "Die Verbreitung des Virus wird unsere Gesundheitssysteme überwältigen, wenn wir nicht sofort handeln", warnte er.

Man wolle entlang der Vorschläge der EU-Kommission an einer gemeinsamen Test- und Quarantänestrategie arbeiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte einen schnelleren Austausch von Daten zwischen den EU-Staaten an. Die EU-Kommission wolle die Behandlung von Corona-Patienten auch in anderen EU-Staaten erleichtern. "Je mehr Länder Daten teilen, desto besser können wir reagieren" sagte sie. Schnelltests sollten auf europäischer Ebene zugelassen werden.

App

22 Staaten würden derzeit eine Corona-App einsetzen oder sie entwickeln, sagte von der Leyen. Es gebe mittlerweile 50 Millionen Downloads von Warn-Apps, die vor potenziell gefährlichen Begegnungen mit Infizierten warnen sollen. Zudem solle ein europaweites System zur Registrierung von Reisenden entwickelt werden. Die EU-Kommission starte ein entsprechendes Pilotprojekt. Elf Staaten hätten bisher nationale Systeme, die aber nicht kompatibel seien.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel habe ihren Kollegen erläutert, warum es gerade für Deutschland als Land in der Mitte Europas wichtig sei, dass die Grenzen offen blieben und dass es einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf gebe, teilte die Bundesregierung am Abend mit. "Wir haben unsere Lektionen gelernt", sagte von der Leyen zu den Grenzschließungen bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr, die nun nicht wiederholt werden sollten.

Kurz gegen Grenzschließungen

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte vor der Schließung von Grenzen in der EU während der zweiten Welle der Corona-Pandemie. "Die Grenzen in Europa müssen offen bleiben", sagte Kurz am Donnerstag laut Nachrichtenagentur AFP bei der Konferenz. Alle Länder hätten "eine ähnliche Situation – manche sind ein paar Wochen voran, manche sind ein paar Wochen zurück".

Viele EU-Staaten hätten aber bereits wieder "Lockdowns oder Lockdown-ähnliche Zustände". Sein Ziel sei "eine enge Koordinierung in der EU" bei den Covid-Maßnahmen, auch zum grenzüberschreitenden Reisen, meinte Kurz. Grenzschließungen wie während der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr sollten vermieden werden.

Nationale Alleingänge

Rumäniens Präsident Klaus Iohannis betonte bei dem Treffen nach eigenen Angaben vor allem die Notwendigkeit, "die Entwicklung und Verteilung von Impfstoffen für alle Mitgliedstaaten sicherzustellen". Solidarität sei "der Schlüssel zur Bewältigung der Krise", erklärte er auf Twitter.

Im Frühjahr war es zu nationalen Alleingängen bei der Sicherung von Masken und Schutzausrüstung gekommen. Unter anderem Deutschland hatte zwischenzeitlich ein Exportverbot für die knappen medizinischen Güter verhängt.

Keine Beschlüsse geplant

Beschlüsse waren bei der Beratung nicht geplant. Die EU-Regierungschefs hatten beim letzten Gipfel verabredet, dass sie sich nun regelmäßiger über die Corona-Krise austauschen wollten. Die Zahl der Neuinfektionen steigt in fast allen EU-Staaten sehr stark. (Reuters, APA, AFP 29.10.2020)