Aus: "Wiener Bilder" | 7. November 1920

"Der neue Präsident der Vereinigten Staaten"

"Am 2. November fanden in Nordamerika die Elektoralwahlen  (Wahlmännerwahlen) statt und aus diesen ergab sich eine gewaltige Majorität zugunsten des Senators Warren G. Harding, der somit im Jahre 1921 Präsident der Union wird.

Der künftige Präsident der Vereinigten Staaten, Warren G. Haroing, ist 55 Jahre alt. Seine Vorfahren stammen aus Pennsylvanien und sind schottisch-nieder ländischen Blutes; sein Urgroßvater siedelte im Jahre 1820 mit einer zahlreichen Familie nach Ohio über. Doktor
George Tyron Harding, der Vater des Präsidentschaftskandidaten, ist ein Landarzt, der im Alter von 76 Jahren steht und noch praktiziert; seine Mutter, eine geborene Dickerson, entstammt ebenfalls einer pennsylvanischen Familie, die westwärts weitergezogen ist."

Foto: ANNO/Österr. Nationalbibliothek

"Warren Harding wurde am 2. November 1865 in Corsica, Morrow County, geboren. Er besuchte das Ohio-Central-College in Marion und lebte seither bei seinen Eltern in Marion. Nach dem Austritt aus der Schule
war er erst Schullehrer, dann Student der Rechte, ging dann aber zur Journalistik über und diente im 'Evening Star' von Marion von der Pike auf, bis er das Blatt selber übernahm. Durch seine Redaktionstätigkeit schuf er sich in Marion einen Namen und seine Rednertalente machten ihn populär. Harding übernahm die Leitung von Verbänden und geselligen Vereinen und stand an der Spitze der Werktätigkeit der Baptistenkirche, der er angehörte.

Im Jahre 1889 wurde Harding zum Senator seines Heimatstaates gewählt, womit seine politische Laufbahn ihren Anfang nahm. Er betätigte sich während zweier Amtsperioden in der Legislative von Ohio; 1904 wurde er zum Vizegouverneur gewählt. Eine Wiederwahl im Jahre 1806 lehnte er ab; 1910 unterlag er als Kandidat bei den Gouvernementswahlen. Er wartete neuerdings ferne Zeit ab und wurde dann 1914 als Senator der Vereinigten Staaten für die Amtsdauer 1915/21 gewählt."

Aus: "Grazer Tagblatt" | 8. November 1920

"Grobe Unsittlichkeiten. Eine Gesellschaft Verkehrtgeschlechtlicher ausgehoben."

"Das Sicherheitsbureau der Polizeidirektion hat festgestellt, dass in Graz eine regelrechte Organisation bestand, die in den Abend- und Nachtstunden ihr Unwesen im Stadtpark und verschiedenen Winkeln der Stadt, einem Kaffeehause in der Tegetthoffstraße und in einem Wirtskeller am Hauptplatz trieb. In den Gaststätten hielten die Leute regelmäßige Zusammenkünfte ab. Von dort suchten die Verführer mit ihren Opfern ihre Wohnungen auf. 

Die Leute der Gesellschaft scheuten keine Mittel und Opfer, junge Leute in ihr Garn zu locken. Sie gaben ihnen Geld, Lebensmittel, Kleider u.a. Sie sprachen ungescheut ihnen geeignete junge Leute auf offener Straße an und wurden mitunter sogar gewalttätig. Die Gesellschaft führte untereinander Mädchennamen, auch Namen aus Theaterstücken, wie 'Rosa von Stambul', 'Carmen', 'Försterchristl'. Zur Verständigung untereinander bediente man sich eines Motives aus 'Carmen'.
Die Polizei nahm bisher 15 Verhaftungen vor. Die Verhafteten sind Angestellte, Geschäftsleute, Arbeiter, öffentliche Beamte usw. Unter ihnen befindet sich ein großer Teil Jugendlicher. Die aufgedeckten Unsittlichkeiten übertreffen alles in letzter Zeit in Graz Vorgekommene dieser Art.

Einer der Haupträdelsführer, der aus Wien gekommen sein soll, ist noch nicht ausgeforscht."

Aus: "Innsbrucker Nachrichten" | 9. November 1920

"Einbruchsdiebstahl"

"Aus Imst wird berichtet: In der Nacht zum Sonntag wurde in die Parterrewohnung des Eichmeisters Wendelin Kiechl eingebrochen. Der oder die Täter waren mit den lokalen Verhältnissen unbedingt vertraut und arbeiteten so sicher und geräuschlos, dass die unmittelbar ober der Parterrewohnung im ersten Stock schlafenden Bestohlenen keinen Laut hörten. Das vom Nachbargarten leicht erreichbare Parterrefenster war mit einem Stemmeisen aufgebrochen worden und aus der Vorratskammer wurden Brot, Mehl, einige hundert Eier, Tabak, ein Sack Schafwolle, ein Ballen Haustuch, Hemden und andere Wäsche, eine Wollenbluse, ein Paar neue Schuhe, sowie ein Haarschneideapparat gestohlen. Viele Wertgegenstände, sowie die Branntweinvorräte ließen die Diebe unberührt. Eichmeister Kiechl gibt den ihm entstandenen Schaden mit
50.000 K an."

Aus: "Theaterzettel Burgtheater" | 10. November 1920

"Friedrich Schiller 'Die Jungfrau von Orleans'"

Foto:ANNO/Österr. Nationalbibliothek

Aus: "Die Muskete" | 11. November 1920

"Tanzabend"

"Dünn wie eine Gabel,
Lang und hochgestreckt,
Abwärts von dem Nabel
Ziemlich unbedeckt.

Das Gesicht bepudert
Wie ein Osterei,
Kommt sie angerudert
Zu der Hopserei.

Schlenkert mit den Händen,
Wackelt mit dem Kopf,
Reißt an allen Enden
Den gefärbten Schopf.
Schnappt und spreizt die Beine,
Hebt den Steiß beschwingt.
Dass das winzig kleine
Höschen fast zerspringt.

Nach den Hupfmethoden
Fällt ihr gar nichts ein
Und sie liegt am Boden
Wie ein Warzenschwein.

Und die Frau des braven
Bürgers staunt und spricht;
'Gott soll mich bestrafen,
So was tät’ ich nicht!'

- Willy Stiebosky"

Foto: ANNO/Österr. Nationalbibliothek

Aus: "Neues Wiener Journal" | 12. November 1920

"Unheimliche Operationen in einer Schweriner Klinik.
Ein wahnsinniger Chirurg"

"Den Bewohnern einer Privatklinik in Schwerin war es in der letzten Zeit aufgefallen, dass aus der Klinik sehr häufig Leichen transportiert wurden, was früher' nicht der Fall war. Man ging der Sache nach und stellte fest, dass eine bei Operationen tätige Krankenschwester entdeckt hatte, wie der Leiter der Klinik, Sanitätsrat Dr. Gebhard, an einer Frau weiteroperierte, die bereits verschieden war. Trotzdem die Schwester
den Arzt darauf aufmerksam machte, dass die Frau keinen Puls mehr habe, ließ er sich nicht stören, sondern machte an der Leiche die widersinnigsten Schnitte. Zuletzt stellte sich heraus, dass Dr. Gebhard bereits früher ganz unbegreifliche Operationen ausgeführt hatte. Einem Soldaten nahm er einen Arm ab, trotzdem gar kein Grund dazu vorlag und einer Frau, die an Ohrenentzündung litt, operierte er grundlos das
ganze Ohr weg.

Der wahnsinnige Arzt wurde in eine Irrenanstalt gebracht. Es wird angenommen, dass die plötzlich ausgebrochene Geisteskrankheit auf Syphilis zurückzuführen ist."

Aus: "Jugend" | Nummer 46, 1920

"Geh nicht so krumm!"

Foto: Heidelberger historische Bestände – digital

(Kurt Tutschek, 6.11.2020)

Weitere Beiträge des Bloggers