Bäckerei Trump in der Pfalz.

Foto: Birgit Baumann

Ist das Verfolgungswahn? Der Wein vom Vorabend? Oder spielt das Hirn einen Streich, weil man in der Bäckerei Trump steht? Aber da liegen doch tatsächlich mehrere Miniatur-Präsidenten in der Vitrine. Sehr rosarot, sehr blond – ein echter Donald.

"Ah nein, das sind unsere Himbeerschnitten", klärt Ursula Trump auf. Sie muss es wissen, sie betreibt im pfälzischen Dorf Freinsheim die Bäckerei, zudem geht es ihr wie Melania: Auch sie ist mit einem echten Trump verheiratet.

Dies wäre jetzt der Moment für ein kurzes Schweigen, das aber von der 73-Jährigen ungefragt beendet wird. "Wir haben mit dem überhaupt nix am Hut, Verbindung gibt es auch keine." Nachsatz: "Die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen."

Ein wenig Distanz bietet schon die Aussprache. Trump wird in der Pfalz "Drump", ausgesprochen, wie Druck. Und dennoch: Harald Trump, der Ehemann von Ursula, ist, wie sie erklärt, "sieben Generationen nach hinten mit dem US-Präsidenten verwandt. Da waren die Vorfahren Geschwister."

Ursula Trump ist mit einem sehr weitschichtig Verwandten von Donald Trump verheiratet.
Foto: Birgit Baumann

Opa Trump aus der Pfalz

Friedrich Trump, der Opa von Donald, stammt aus dem 1.200-Einwohner-Örtchen Kallstadt. Es liegt vier Kilometer von Freinsheim und 100 Kilometer von Frankfurt am Main entfernt. Auf dem Weg dorthin sieht man Weingärten, gelegentlich ein kleines Dorf, dann wieder Weingärten und noch mal Weingärten.

Auch der junge Friedrich Trump musste bei der Weinlese am Familiengut helfen. Doch er war von schwacher Konstitution, daher schickte ihn seine Mutter in die Friseurlehre. Friedrich aber merkte bald: Reich wird man damit nicht. Also wanderte er 1885 als 16-Jähriger, wie viele Deutsche zu jener Zeit, nach New York aus. Er nannte sich fortan Frederick und legte in den USA den Grundstein für das Trump'sche Immobilienimperium.

Wer weiß, vielleicht wäre die Weltgeschichte anders verlaufen, hätte er nur zurückkehren können. Er wollte das gerne, denn seine Gattin Elisabeth – ebenfalls aus Kallstadt – hatte fürchterliches Heimweh. Die Behörden aber verweigerten dem Auswanderer die Wiedereinbürgerung und somit die Heimkehr, da er keinen Wehrdienst in Deutschland absolviert hatte. So musste Opa Trump in Amerika bleiben, wo er 1918 verstarb. Kallstadt hat er nie wieder gesehen. So sad ...

Friedrich Trump, der Opa von Donald, stammt aus dem 1.200-Einwohner-Örtchen Kallstadt.
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Keine Visite

Dort sind die Gassen und Häuser gepflegt, Wein rankt sich an uralten Fachwerkfassaden empor. Der Ort lebt mit und vom Wein. Frankfurter kommen hierher, um in Ruhe ihr Wochenende zu verbringen, manchmal sind auch Soldaten der nahegelegenen US-Airbase Ramstein zu Gast.

Nur Donald Trump ist bisher nicht gekommen, und darüber ist man recht froh. "Schon 2016, als er gewählt wurde, hat sich hier niemand gefreut. Und dann zeigte sich ja rasch, dass Trump überhaupt keinen positiven Beitrag zur Weltgeschichte leistet", sagt der Kallstädter Bürgermeister Thomas Jaworek (CDU).

Dabei war ein Besuch in der Heimat der Ahnen mehrmals Thema, in Berlin wie in der Region selbst. "I love Kallstadt" sagt Trump in der Dokumentation Kings of Kallstadt der Filmemacherin Simone Wendel. Er habe eine "großartige deutsche Herkunft", erklärt er, er sei "sehr stolz drauf" und Deutschland "ein großartiges Land".

Merkel schenkte ihm einen Kupferstich von Kallstadt und schlug auch eine gemeinsame Visite vor, der ehemalige US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, kündigte Trumps Kommen an. Doch Trump erschien nie, einzig der US-Generalkonsul aus Frankfurt kam.

In der Bäckerei in Freinsheim (Rheinland-Pfalz) gibt es sogar Kuchen, der Trump ein bisschen ähnlich sieht. Reiner Zufall, eh klar.
Foto: Birgit Baumann

Unausgesprochen in der Herbstluft

"Wir haben ihm Pfälzer Saumagen serviert und gemeinsam die Kirche besucht", erinnert sich Ortschef Jaworek, und die Erleichterung darüber, dass nicht POTUS himself sich in der Panzerlimousine durch die engen Straßen fahren ließ, ist ihm deutlich anzumerken.

"Der soll bloß daheimbleiben", sagt auch eine ältere Kallstädterin, die am Ortsplatz, nach kurzem Blick zur Kirche, hinzufügt: "Man darf sich ja nicht versündigen, aber wir hätten uns gewünscht, dass Trumps Corona-Erkrankung ..." Der Rest bleibt unausgesprochen in der Herbstluft hängen.

Für eines taugt Trump natürlich auch in der Pfalz: für Witze. Der Kabarettist Alexis Bug spinnt in seiner Show den Gedanken weiter, was geschehen wäre, wenn Trumps Opa in Kallstadt geblieben wäre. Dann hieße Donald vielleicht Toni und wäre Friseur. Als solcher tritt Bug auf und haut im Pfälzer Dialekt Trumps peinlichste Sager raus.

Dass er ungestört jemand auf dem Marktplatz erschießen könnte. Oder gern die eigene Tochter "daten" würde. Den Erfolg der Nummer erklärt sich Bug so: "Ich zeige nicht die xte Trump-Parodie, sondern Trump, wie er ist – ein brutales Schwein."

Ausladen ist halt nicht

Trump bekäme bei einem Besuch in Kallstadt auch was zu sehen. In der Freinsheimer Straße 20 befindet sich das Wohnhaus von Opa Trump, ein weißes Häuschen mit spitzem Giebel und blauem Tor. Als der Wirbel 2016 losbrach, wollten die jetzigen Eigentümer die Immobilie erst loswerden. Dann blieben sie doch. Nur über Trump reden wollen sie nicht.

Auch Bürgermeister Jaworek hat eigentlich andere Themen in seinem Dorf. Die Jugend wünscht sich einen Skaterpark, eine Umfahrungsstraße ist geplant. Trotzdem kommt das Thema Trump immer wieder. Einmal musste der Gemeinderat auf Begehr der "Republikaner" beraten, ob Donald Trump die Ehrenbürgerschaft verliehen werden soll. Der Antrag wurde abgeschmettert.

Und wenn Trump jetzt doch wiedergewählt wird und kommen will? "Na ja", sagt Jaworek, "ausladen werden wir ihn ja wohl doch nicht können." (Birgit Baumann, 2.11.2020)