Die barbarischen Morde der vergangenen Tage und Wochen haben Frankreich aufgerüttelt. Auch oder gerade wegen der Corona-Krise: Die Nation wird sich bewusst, wie fortgeschritten der sogenannte "politische Islamismus" bereits ist. Emmanuel Macron scheint entschlossen, das Feld nicht einfach der Populistin Marine Le Pen zu überlassen, zumal er 2022 zur Wiederwahl antritt. Genug der Worte, jetzt müssen Taten her, sagte der Präsident seit Tagen mehrmals.

Französischer Soldat vor dem Eiffelturm in Paris.
Foto: EPA/IAN LANGSDON

Wenn aber Macron den politischen Islamismus wirklich mit Taten bekämpfen will, muss er sich jedenfalls auch des "Banlieue-Problems" annehmen. Es ist eine jahrelange und sehr teure Herkulesarbeit, vielleicht die größte Herausforderung der Nation. Die schleichende "Ghettoisierung" dieser heruntergekommenen Vorstädte muss gestoppt werden.

Vor allem aber muss Frankreich sich um die jungen Maghrebiner, die für radikale Thesen anfälliger sind als ihre Väter, kümmern. Mit Autorität, das heißt mit klaren Prinzipien und notfalls der Polizei, aber auch mit Respekt und Verständnis für ihre spezielle kulturelle Identität. Um diese jungen Leute geht es auch im erbitterten Konflikt zwischen Islamisten und Republik in Bezug auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" – es ist letztlich ein Kulturkampf. Bessere Integration, mehr Chancengleichheit bei der Arbeits- und Wohnungssuche: Dies alles muss Teil der "Taten" sein, die Macron angekündigt hat. (Stefan Brändle, 30.10.2020)