Einkaufen in Zeiten von Corona. Österreichs Händler verlieren heuer Milliarden an Umsatz.

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Wien – Österreichs Handel sieht sich vom bevorstehenden zweiten Lockdown massiv betroffen – auch wenn seine Geschäfte im November weiterhin offen halten dürfen. Rainer Will, Chef des Handelsverbands, spricht von einem Quasi-Lockdown für die Branche.

Mit den geplanten Restriktionen und Empfehlungen zum Homeoffice breche die gesamte Laufkundschaft weg. Die Schließung der Gastronomie stoße alle zuliefernden Betriebe vor den Kopf, wie etwa den Lebensmittelgroßhandel, dem damit ein Großteil seiner Umsätze entzogen werde. Und mit der Absage aller kultureller Veranstaltungen und privater Feiern gehe auch Unternehmen wie Textilhändlern, die anlassbezogen verkaufen, wesentlicher Absatz verloren.

Enge Verknüpfung

"Wirtschaftssysteme sind eng miteinander verbunden. Wir brauchen Gleichstellung", sagt Will mit Blick auf die finanzielle Unterstützung für jene Betriebe, die in den kommenden Wochen geschlossen halten sollen.

Für die Gastronomie zeichnet sich eine Entschädigung für rund 80 Prozent des Vorjahresumsatzes ab. Ähnliches müsse auch für Händler gelten, die nun vermutlich Umsatzausfälle von bis zu 100 Prozent verkraften müssten. Denn diese hätten – anders als Wirte, die für November wohl weniger Lebensmittel einkaufen werden – bereits in den Wareneinsatz investiert. "Es geht hier um Existenzen." Schon bisher drohe Österreich im Zuge der Corona-Krise ein Sterben von 6.000 Handelsbetrieben.

Keine Konsumlust

Rainer Trefelik, Bundesobmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, ist ebenso in Alarmbereitschaft. "Der neuerliche Lockdown wird tiefe Spuren im Handel hinterlassen. Auch wir brauchen Hilfe." Konsumenten werde angesichts der bevorstehenden Maßnahmen jede Lust aufs Einkaufen genommen. Ihr Konsum sei bereits in den vergangenen Tagen deutlich gesunken.

Dass der Handel weiterhin offen halte, sei enorm wichtig, um ein Stück Normalität zu erhalten, zumal man auch stark in Sicherheitsvorkehrungen investiert habe. Würde er zusperren, verlagere sich das gesamte vorweihnachtliche Geschäft zu Onlineriesen wie Amazon.

Welche Form der finanziellen Unterstützung für die Branche nötig sei, darauf legt sich Trefelik noch nicht fest. Es brauche in jedem Fall ein Bündel an Maßnahmen.

Verlustausgleich

Will pocht auf einen Verlustausgleich, für den die EU-Kommission bereits den Weg geebnet hat. Demnach können Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern bis zu 90 Prozent ihrer ungedeckten Fixkosten ersetzt bekommen, sofern sie zumindest 30 Prozent ihrer Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einbüßen. Bei größeren Unternehmen sollen es bis zu 70 Prozent sein. "Österreichs Betriebe brauchen das jetzt wie einen Bissen Brot."

Österreichs Handel erwartet bis Jahresende einen Einbruch bei den Haushaltseinkommen in Höhe von rund 16 Milliarden Euro. Jeder fünfte Arbeitsplatz ist hier verankert. (Verena Kainrath, 31.10.2020)