Wenn Smartphones von größeren Medien getestet werden, dann sind es meistens Flaggschiffe. Etwa das iPhone 12 Pro, das Samsung Galaxy Note 20 oder das Pixel 5. Das sind allesamt unzweifelhaft sehr spannende Geräte, die das ihre zur Innovation unserer alltäglichen elektronischen Begleiter beitragen. Fakt ist allerdings: Abseits von Apples iPhones und Samsungs S-Serie sind es vor allem Geräte der Mittel- und Einsteigerklasse, die weltweit das Geschäft dominieren. 2019 konnte Samsung etwa von seinem Galaxy A10 über 30 Millionen Stück verkaufen. Ein Handy, das in vielerlei Hinsicht weit weg ist vom Feature-Feuerwerk der Spitzengeräte.

Auch in den eher technophilen STANDARD-Foren gibt es eine Fraktion an Nutzern, die sich stets demonstrativ zufrieden mit ihren Handys um unter 200 Euro geben. Grund genug, einmal wieder einen Abstecher in dieses Segment zu machen. Und zwar mit dem Nokia 2.4. Das Handy des Nokia-Partners HMD Global soll nicht nur mit einem Preis von 130 Euro punkten, sondern auch mit einer Kamera, die die Konkurrenz auf dem gleichen Kostenniveau aussticht. Wir haben es getestet.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Gehäuse und Display

Das Smartphone präsentiert sich in einer Hülle aus Polycarbonat, die man aufgrund der feinen Struktur und ihrer Reflexionseigenschaften auf den ersten Blick für Metall halten könnte. Mit Maßen von 165,9 x 76,3 x 8,7 Millimetern ist es, gemessen auch an der Displaydiagonale von 6,5 Zoll, ein eher großes Gerät. Verarbeitet ist es gut, der Ein/Aus-Schalter und die Google-Assistant-Taste sind gut zu erreichen, für die Lautstärkewippe braucht man allerdings etwas Fingerakrobatik. Der Fingerabdruckscanner sitzt, ebenfalls ergonomisch passabel platziert, auf der Rückseite und arbeitet zuverlässig.

Als Bildschirm ein IPS-LCD. Dieser ist nicht ganz so farbstark, wie man es von den OLED-Panels der meisten Flaggschiffe kennt, bietet aber dennoch solide Kontraste, die in dieser Preisklasse nicht selbstverständlich sind. Mit 1600 x 720 Pixeln liefert man 720p im 20:9-Format. Den Unterschied zu 1080p und höher erkennt man speziell bei Videos oder wenn etwa kleinere Schriften abgebildet werden. Die maximale Helligkeit reicht für die meisten Wettersituationen, in grellem Sonnenlicht könnte das Ablesen von Inhalten trotz der passablen Entspiegelung zum Problem werden.

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Performance

Als Rechenknecht ist hier der Helio P22 von Mediatek verbaut, ein eher schwachbrustiger Quadcore-Prozessor, der mit maximal 2 GHz taktet, aber dafür auch wenig Energie verbraucht. Das Testgerät bietet 2 GB RAM und 32 GB Onboardspeicher, es gibt allerdings auch eine Variante mit 3 und 64 GB. Der interne Speicher kann allerdings via MicroSD-Karte aufgestockt werden. Für Konnektivitätsbelange gibt es LTE, Wifi 4 (802.11n), Bluetooth 5.0 und NFC.

Und in dieser Kombination zeigt sich einer der großen Unterschiede zwischen Budgetgeräten und Smartphones der Mittelklasse und aufwärts. Das Nokia 2.4 ist wahrlich nicht besonders flott darin, Apps zu öffnen. Und wenn mehrere Apps laufen, dann gibt es auch kleinere Hänger beim Bedienen der Systemoberfläche. Die recht geringe Dimensionierung des RAM hat auch zur Folge, dass nur relativ wenige Apps gleichzeitig laufen können, ohne beim Wechsel zwischen ihnen vom Android-Taskmanager geschlossen zu werden. Das trifft insbesondere auf Spiele zu.

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Gerade, wenn das Handy etwas gefordert wird – etwa mit "Pokémon Go" –, gerät der Helio P22 schnell an den Rand seiner Kapazitäten. Das Augmented-Reality-Game, in dem man die namensgebenden Monster fängt und gegen computergesteuerte Gegner oder andere Spieler antreten kann, läuft prinzipiell. Aber trotz automatisch reduzierter Grafikeinstellungen ist das Erlebnis nur als gerade noch spielbar zu bezeichnen. Ein Grafikbenchmark-Durchlauf mit dem 3D Mark bestätigt, dass die integrierte Grafikeinheit des Chips eher beschränkte Kapazitäten hat. Und das kamerabasierte Feature, das die Pokémon in die echte Welt "hineinsetzt" funktioniert zudem nicht, weil dem Smartphone der dazu notwendige Gyrosensor fehlt.

Von einem 130-Euro-Handy sollte man aber ohnehin nicht erwarten, Gaming-Wunder zu vollbringen. Geht es um den alltäglichen Bedarf – Browsen, Messaging, Videos –, so erfüllt diesen das Nokia 2.4, wenn auch manchmal etwas behäbig.

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Kamera

In puncto Kamera ist das Handy mit einem 13-MP-Sensor plus 2-MP-Tiefensensor ausgestattet. Die Lichtempfindlichkeit ist nicht übermäßig berauschend, aber im absolut vertretbaren Bereich. Die Kamerasoftware allerdings zeigt gelegentliche Aussetzer und reagiert manchmal erst beim zweiten Druck auf den Auslöserbutton. Das Postprocessing der Bilder nebst Speichervorgang fordert den Prozessor zudem heraus, weswegen es ratsam ist, nicht unmittelbar nach der Aufnahme eines Fotos bereits in die Galerie zu wechseln, sondern ein paar Sekunden zu warten.

Die Qualität der Fotos ist solide. Vordergründig liefert der Sensor mittlere Detailtiefe, kleinere Strukturen, speziell wenn weiter weg oder am Rand des Aufnahmebereiches, leiden allerdings deutlich. Auf dem Display des Handys fällt das noch nicht so stark auf, schaut man sich die Fotos aber auf einem normalen Monitor an, merkt man diese Unterschiede zu High-End-Smartphones auf den ersten Blick. Die Farbwiedergabe ist zudem auf der etwas kontrastärmeren Seite, und mit Gegenlicht hat die Kamera auch etwas Mühe. Für den privaten Facebook-Feed oder Urlaubsschnappschüsse reicht das, für besondere Momente sollte man allerdings zu einem besseren Gerät greifen.

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Von dieser Qualität ausgehend liefert der Nachtmodus ordentliche Resultate. Allerdings gibt es durchaus Luft nach oben, gelingen doch etwa mit einer portierten Version der "Google Camera Go" deutlich bessere Aufnahmen bei wenig Licht. Das nötige Minimum an Helligkeit, um zumindest noch etwas erkennen zu können, ist allerdings spürbar höher als bei Kameras teurerer Handys. Gemessen am Preis sind die Ergebnisse insgesamt sehr herzeigbar und ein massiver Fortschritt gegenüber dem, was Budgethandys noch vor drei bis vier Jahren geliefert haben. Das gilt auch für die 5-MP-Frontkamera, die ebenfalls "okaye", wenn auch nicht hochdetaillierte Ergebnisse liefert.

In Sachen Software dürfen sich Puristen freuen. Dank Android One erhält man eine von Spielereien befreite Systemoberfläche und wird auch von Bloatware verschont. Dazu gibt es Systemupgrades für wenigstens zwei Jahre (also bis mindestens Android 12) und Sicherheitsupdates für zumindest drei.

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Akustik und Akku

Akustisch ist das Nokia 2.4 kein Wunderding. Der Mono-Lautsprecher plärrt vor sich hin und ist dabei nicht besonders gut darin, Bässe oder höhere Töne wiederzugeben. Dabei fällt er weder positiv noch negativ aus dem Rahmen, wenn man ihn mit ähnlich ausgestatteten Smartphones vergleicht. Nach Möglichkeit sollte man für musikalische Zwecke entweder Kopfhörer über Klinke oder Bluetooth anschließen.

Die Sprachqualität beim Telefonieren ist gut. Man wird am anderen Ende gut verstanden, solange üblicher Zimmerlärm nicht zu weit überschritten wird. Das Gegenüber erklingt auch gut verständlich, unterlegt von nur leichten Verzerrungen.

Eine große Stärke des Handys ist seine Akkulaufzeit. Selbst wenn man das Nokia 2.4 intensiv mit Spielen, Videos, Kameraeinsatz und sonstigen Dingen quält, sinkt der Ladestand nur äußerst langsam. Die Kombination aus dem sehr sparsamen Chip, der 720p-Bildschirmauflösung und einem üppigen 4500-mAh-Akku zeigt sich enorm ausdauernd und sollte bei normaler Nutzungsintensität deutlich über zwei Tagen erlauben. Quickcharge gibt es allerdings nicht, es kann maximal mit fünf Watt aufgeladen werden, wodurch eine komplette "Füllung" rund drei Stunden dauert. Und leider kommt hier noch ein MicroUSB-Port zum Einsatz statt des praktischeren und weniger abnutzungsanfälligen USB-C.

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Fazit

Das Nokia 2.4 ist ein günstiges Smartphone für Leute, deren Ansprüche nicht über "Multimedia" hinausreichen. Derlei Aufgaben bewältigt es ohne Probleme. Als Draufgabe gibt es einen ordentlichen Bildschirm, sofern man mit 720p Vorlieb nehmen möchte, sowie eine Kamera, die mehr bietet als jene der meisten anderen Smartphones um 130 Euro. Hinzu kommt das Android-One-Updateversprechen, das um dieses Geld bisher sonst nirgends zu bekommen ist.

Konkurrenz gibt es aber dennoch. Für ein etwas größeres Budget finden sich etwa Smartphones der Redmi-Reihe von Xiaomi, die dieses Handy hier in puncto Performance klar ausstechen. Und mit dem Nokia 5.4 gibt es um knapp 200 Euro seit kurzem auch eine Alternative aus eigenem Hause. (Georg Pichler, 23.12.2020)

Testfotos

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Gemischte Lichtsituation
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Selfiecam, Porträtmodus
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Nachtmodus
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Nachtmodus
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Vergleich: Nachtmodus (Google Camera Go-Port)
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