Der armenisch-aserbaidschanische Streit um Bergkarabach existiert seit Jahrzehnten.

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Stepanakert/Jerewan – Aserbaidschan will die Kaukasusregion Bergkarabach komplett unter seine Kontrolle bringen. Präsident Ilham Alijew sagte am Sonntag der staatlichen Agentur Azertag zufolge, er bevorzuge den Abzug aller armenischen Soldaten. Dies gelte zudem für sieben benachbarte Regionen von Bergkarabach. "Andernfalls werden wir mit allen Mitteln unsere territoriale Integrität wiederherstellen (...) und dabei bis zum Ende gehen", kündigte Alijew bei einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu an. Die Türkei leistet Aserbaidschan in dem Krieg Beistand.

Armenien unterstützt die Truppen der Region Bergkarabach, die von Armeniern bewohnt und regiert wird. Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan bat nach Angaben seines Außenministeriums den russischen Präsidenten Wladimir Putin brieflich um "dringende Konsultationen" über eine Unterstützung Russlands. Paschinjan verwies darauf, dass die Kämpfe immer näher an die armenische Grenze heranrückten.

Moskau will "alle notwendige Hilfe leisten"

Russland hat in Armenien eine Militärbasis. Ein Vertrag regelt, in welchen Fällen Moskau seinen Verbündeten bei einer Bedrohung unterstützt. Das Außenministerium in Moskau erklärte den Angaben zufolge, Russland werde vertragsgemäß "alle notwendige Hilfe leisten", sollten sich die Kämpfe auf armenisches Gebiet verlagern.

Ungeachtet neuer Vereinbarungen zur Deeskalation des Konflikts gingen die Kämpfe am Wochenende weiter. Armenien und Aserbaidschan meldeten jeweils neue Angriffe auf Dörfer und Städte und machten sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Staatsgrenze unter Beschuss

Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium sprach seinerseits von Angriffen der gegnerischen Seite auf die Stadt Terter und auf mehrere Dörfer. Zudem seien Stellungen der eigenen Armee an der Staatsgrenze unter Beschuss geraten.

Am Freitag hatten die Außenminister der beiden Länder unter der Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zugesagt, Angriffe auf Wohngebiete und zivile Anlagen zu vermeiden. Armenien bat zudem Russland offiziell um Hilfe in dem Konflikt. Zuvor waren schon mehrere Anläufe für eine Feuerpause gescheitert.

Die schweren Gefechte dauern seit Ende September an. Der Konflikt selbst ist schon jahrzehntealt. Aserbaidschan hatte in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das Gebiet mit etwa 145.000 Bewohnern verloren. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. Die Region wird von Armenien kontrolliert, gehört aber völkerrechtlich zum islamisch geprägten Aserbaidschan, das sich in dem Konflikt auf seinen "Bruderstaat" Türkei stützen kann. (APA, 1.11.2020)