Es soll am Sonntag zu brutalen Festnahmen gekommen sein, schreiben unabhängige Nachrichtenportale.

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Minsk – Trotz neuer Gewaltandrohung haben in Belarus tausende Menschen gegen den Langzeitpräsidenten Alexander Lukaschenko demonstriert. Sie strömten am Sonntag ins Zentrum der Hauptstadt Minsk, wie Fotos und Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten. Bereits kurz nach Beginn feuerten Sicherheitskräfte Warnschüsse ab. Es gab zudem Berichte, dass erneut Blend- und Lärmgranaten eingesetzt worden seien. Auf den Straßen waren Uniformierte mit Sturmgewehren zu sehen.

Das unabhängige Nachrichtenportal tut.by schrieb, dass es bei den Protesten am zwölften Sonntag in Folge brutale Festnahmen gegeben habe. Das Menschenrechtszentrum Wesna sprach am Abend zunächst von etwa 170 Festgenommenen. Darunter seien auch Journalisten gewesen. Unabhängige Zahlen für die Demonstration gibt es nicht.

"Marsch gegen den Terror"

Mit Blick auf zunehmende Gewalt von Uniformierten hatte die Demokratiebewegung zu einem "Marsch gegen den Terror" aufgerufen. Lukaschenko hatte erst am Freitag erneut den Demonstranten gedroht: "Jetzt reicht es. Wir werden nicht zurückweichen." Er habe früh gewarnt, dass rote Linien nicht überschritten werden dürften.

Seit August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.
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In Minsk sperrten die Sicherheitskräfte mehrere zentrale Plätze mit Gittern ab. Etliche U-Bahn-Stationen wurden geschlossen, damit die Menschen nicht so einfach zu den Protesten gelangen konnten. Zudem funktionierte das mobile Internet zeitweise nicht. Die Behörden wollen damit verhindern, dass sich Demonstranten etwa über Telegram verabreden und Videos von Festnahmen schnell verbreitet werden.

Schwere Krise

Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Sie war ins EU-Exil nach Litauen geflohen. (APA, 1.11.2020)