Googles Chrome hat mittlerweile eine Dominanz erreicht, wie sie einst Microsofts Internet Explorer innehatte.

Foto: DER STANDARD/Pichler

IT-Riese Google plant Änderungen für seinen Chrome-Browser. Dieser soll sich gegenüber Webseiten nicht mehr eindeutig ausweisen, sondern nur noch mittels "User Agent Hints". Statt dass der Browser seine Kerndaten (Version, HTML-Engine, Betriebssystem et cetera) von sich aus preisgibt, müssen Webseiten diese künftig "anfragen". Welche der Daten dann bekanntgegeben werden, sollen User mit ihren Einstellungen mitbestimmen. Man verspricht sich dadurch einen größeren Schutz ihrer Privatsphäre. Das Feature wurde in der Betaversion von Chrome 84 erstmals eingefügt und kann optional aktiviert werden. In die Open-Source-Basis Chromium soll es erst kommendes Jahr eingepflegt werden, um zuvor noch Feedback evaluieren zu können.

Klar ist aber bereits jetzt: Es wird die Erhebung der Browser-Marktanteile massiv erschweren. Netmarketshare, eine der bekanntesten Quellen für derlei Informationen, hat nun darauf reagiert und seine Erhebungen eingestellt. Die Analyse für Oktober ist die letzte, die man liefert. Für die sogenannten "Browser-Kriege" ist das aber ohnehin nicht mehr erheblich – denn diese hat Chrome bereits gewonnen.

Screenshot: Netmarketshare

Chrome uneinholbar vorne

Seit Jahren dominiert der Google-Browser die Charts, ohne Aussicht auf eine Trendwende. Bereits im November 2018 verzeichnete er laut Netmarketshare einen Nutzeranteil von über 65 Prozent unter Desktop-Usern. Zwei Jahre später pendelt dieser nun um die 70 Prozent.

Die einzige relevante Entwicklung, die sich in diesem Zeitraum beobachten ließ, ist das langsame Sinken der Firefox-Nutzung. Mozillas Browser, der einst maßgeblich dazu beitrug, das De-facto-Monopol des Internet Explorers zu brechen, ist in diesen zwei Jahren von zehn auf sieben Prozent abgestürzt. Und, so die Ironie der Geschichte, er wurde mittlerweile von Microsoft Edge überholt, dem Nachfolger des Internet Explorers, der mittlerweile auf das gleiche Fundament (Chromium) aufbaut wie Chrome. Den Abschied von der eigenen Codebasis und dem Edge-HTML-Renderer hatte Mozilla scharf als Vielfaltsverlust für das Internet kritisiert. Mozillas Gecko ist damit auch die letzte relevante Alternative.

Keine ernste Konkurrenz in Sicht

Dass sich an der Situation nachhaltig etwas ändern wird, ist derzeit nicht absehbar. Immer wieder rückten neue, auf Privatsphäre fokussierte Browser wie Brave, oft verbunden mit Anti-Google-Tenor, kurz ins Rampenlicht. Und während sie meist eine kleine, loyale Anhängerschaft aufbauen, konnten sie keine relevanten Marktanteile erobern.

Apples Browser Safari stellt ebenfalls keine Konkurrenz dar. Er liegt bei einem Marktanteil von etwa 3,5 Prozent und damit sogar deutlich unter dem Anteil der Desktopnutzer, die Mac OS einsetzen – dem einzigen Betriebssystem (abseits von iOS), für das es die Software gibt. Einst gab es auch eine Windows-Ausgabe, doch deren Pflege und Weiterentwicklung hat Apple bereits mit Version 5.1.7 im Jahr 2012 eingestellt.

Es liegt somit an Microsoft und Mozilla, für mehr Diversität am Browsermarkt zu sorgen. Die Ausgangslage ist allerdings trist. Beide vereinen derzeit knapp 18 Prozent der Nutzeranteile auf sich. Und Mozillas finanzielles Überleben hängt in hohem Maße von Google ab, das einen wichtigen Teil zum Budget dafür beisteuert, um die Standard-Suchmaschine in Firefox zu sein. Sollte es im Rahmen des Verfahrens des US-Justizministeriums gegen Google also zu ernsthaften Konsequenzen kommen, könnte dies als Kollateralschaden auch die Existenz von Mozilla in Gefahr bringen. (gpi, 2.11.2020)