Wenn die Covid19-Krise etwas bewiesen hat, dann dass sie (auch) Juristinnen und Juristen Arbeit ohne Ende macht. Es gibt an allen Ecken und Enden Rechtsfragen von enormer Tragweite. Auch das Rechtssystem war auf eine solche Situation nicht vorbereitet und sie führt dieses an seine Grenzen, was man schon an den erstaunten bis erbitterten Reaktionen auf Kanzlertweets wie diesen erkennen kann.

Vielleicht hat ja der Rechtswissenschafter Ralph Janik Recht, wenn er schreibt:

Juristisch interessante Zeit

Wir leben jedenfalls auch in juristisch interessanten Zeiten. Sehr außergewöhnlich ist schon, dass die Covid-19-Maßnahmenverordnung, über die wir uns noch letzte Woche intensiv unterhalten haben, seit April 2020 15 Mal geändert wurde. Dazu treten und davor liegen sehr fundmentale Neuschaffungen und Änderungen auch der zugrundeliegenden Gesetze, mehr als 20 Covid-19-Gesetze allein plus Epidemiegesetz plus Novellen überall in der Rechtsordnung.

Die Covid-19-Maßnahmenverordnung ist (vorläufig) Geschichte, ersetzt nun durch die Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung. Man kann spekulieren, warum jetzt Schutzmaßnahmen – offenbar reichen einfache Maßnahmen nicht mehr. In dieser Schutzmaßnahmenverordnung finden sich zur Definition des Verhältnisses zur Maßnahmenverordnung Perlen wie § 19 Abs. 2, der so aussieht:

Screenshot RIS

Das wäre alles juristisch sehr lustig und Gegenstand schöner Seminararbeiten, wenn es dabei nicht immer auch um Existenzen ginge. Bis die Fragen ausdiskutiert sind, werden Monate, vielleicht Jahre vergehen, und es wird sich – wieder – nicht um juristische Spitzfindigkeiten handeln, sondern um elementare rechtsstaatliche Fragen mit erheblichen Auswirkungen auf Einzelne und die Gesellschaft. Darüber lohnt es sich, auch grundsätzlicher zu diskutieren.

Foto: Nikolaus Forgó

Veranstaltungshinweis

Das wollen wir am Donnerstag um 18 Uhr in einer gemeinsamen Veranstaltung (via Livestream bzw. Video zur Nachschau) von DER STANDARD und Universität Wien tun, mit einer ausgewiesenen Expertin und einem ausgewiesenen Experten dieses Landes. 

Franz Merli und Magdalena Pöschl werden mit Gabriele Scherndl und Nikolaus Forgó, Bezug nehmend auf Fragen der STANDARD-Leserinnen und -Leser, am "Big Picture" arbeiten: Wo die Möglichkeiten des Rechtsstaates beginnen und wo sie enden, welche Grundrechtseingriffe verhältnismäßig sind und wohin uns die digitalisierte Beschleunigung des Rechtssystems noch führen wird. Posten Sie im Forum Ihre Fragen zur neuen Verordnung! (Nikolaus Forgó, 3.11.2020)

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