Eine Weidenschaumzikade beim Schlupf.
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Gliederfüßer wie Insekten, Spinnentiere oder Krebse haben ein Außenskelett und können daher nur wachsen, wenn sie dieses abstreifen. Die für die Häutung verantwortlichen Botenstoffe (Neuropeptide) sind im Tierreich weit verbreitet und müssen daher schon früh im Stammbaum der Tiere entstanden sein, berichten Wiener Forscher im Fachjournal "Current Biology". Das gilt auch für Tiergruppen, die gar keine Häutung durchlaufen. Auch bei ihnen können die "Häutungs-Moleküle" in bestimmten Phasen aktiv werden – etwa beim Schlupf aus dem Ei.

Das Forscherteam um Andreas Wanninger vom Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien hat bereits im Vorjahr die weite Verbreitung der Häutungs-Moleküle nachgewiesen. In ihrer aktuellen Arbeit gingen sie nun ihrer ursprünglichen Funktion auf den Grund. Denn zahlreiche Tiergruppen wie Mollusken, zu denen Schnecken, Tintenfische oder Muscheln zählen, Borsten- und Ringelwürmer (Anneliden) oder Stachelhäuter wie Seeigel oder Seegurken besitzen diese Moleküle, obwohl sie sich im Laufe ihres Lebens nicht häuten. "Für uns stellte sich die Frage, welche Funktionen die klassischen Häutungsmoleküle bei diesen Tieren haben", so Wanninger.

Moleküle des Wandels

Dazu untersuchten sie die Aktivität der entsprechenden Gene im Lauf der Entwicklung bei einer Reihe von Tieren. Es zeigte sich, dass auch bei nur entfernt verwandten Tiergruppen die selben speziellen Neuropeptide immer dann überproportional aktiv sind, wenn von einem wichtigen Entwicklungsstadium in ein anderes gewechselt wird, erklärte Erstautorin Elisabeth Zieger. Das ist bei sich indirekt entwickelnden Tieren im Zeitraum der Metamorphose der Fall, also bei der Umwandlung von der Larve zum erwachsenen Individuum. Bei Tieren mit direkter Entwicklung sind die Häutungsfaktoren hingegen bei der Geburt bzw. dem Schlupf aus dem Ei aktiv.

Schlüpft ein Tier aus dem Ei oder verwandelt es sich von der Larve zum adulten Tier, bedeutet das eine drastische Umstellung mit völlig neuen Anforderungen an Sinnesleistungen, Ernährung oder Fortbewegung. So gehen wirbellose Meerestiere oft von einem frei schwimmenden Larvenstadium etwa zu einer schreitenden Lebensweise über wie die Garnelen. Viele Insekten wiederum wechseln von einem flugunfähigen Larvenstadium wie einer Schmetterlingsraupe zu einer fliegenden Lebensweise.

Offenbar waren jene Komponenten, die hunderte Millionen Jahre später im Lauf der Evolution der Häutungstiere für den Wechsel des Außenskeletts von Bedeutung wurden, "bereits in der Frühgeschichte der Tiere wichtige Regulatoren beim Übergang zwischen solchen Entwicklungsstadien", sagt Wanninger. (APA, red, 2. 11. 2020)