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Diese komisch anmutenden Katzen soll es künftig häufiger in den Wäldern Colorados geben.

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Statt der Südstaatenflagge ...

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... eine Magnolie und ein Sinnspruch: So soll bald die Flagge von Mississippi aussehen.

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Nicht nur heute überstrahlen sie alles: Joe Biden und Donald Trump und ihr Kampf um den Platz im Weißen Haus. Doch die Stimmzettel sind vielerorts deutlich länger. Mehr als 2.000 Wahlen sind es insgesamt, die auf dem Programm stehen, etwa um Posten als Sheriff oder Bezirksstaatsanwalt oder für lokale Vertretungen. 120-mal entscheiden die Bürgerinnen und Bürger zudem direkt über Gesetze. So viele Referenden sind es nämlich, die in den 50 Staaten auf dem Programm stehen.

Immer wieder geht es dabei direkt ums Eingemachte. Um Symptome des systemischen Rassismus und Reste von Sklaverei und Bürgerkrieg, die endlich verschwinden könnten. Um Verbrechen und Buße und damit auch darum, wie sich die USA dem Rassismus in der Gesellschaft stellen können, der im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste wieder in den öffentlichen Fokus rückte.

Da ist etwa die Frage, wer es sich leisten kann, Kaution zu zahlen – und wer nicht, und daher schon vor dem Schuld- oder Freispruch im Gefängnissystem landet. Letzteres hat oft schwerwiegende Folgen, denn wer einmal – schuldig oder unschuldig – in Haft ist, landet oft in einer Verbrechensspirale. Das wollte der Staat Kalifornien nun auch seinen ärmeren Bewohnern ersparen.

Das Parlament beschloss daher 2018 die Einführung eines Algorithmus, der beurteilen soll, ob Fluchtgefahr herrscht. Bald gab es aber auch daran Kritik: Der Algorithmus nämlich baut nur jene Kriterien nach, die auch für Kautionsentscheidungen wichtig sind. Kurz, so meinen Bürgerrechtler: Auch der Computer ist rassistisch programmiert. Nun entscheiden die Wählerinnen und Wähler darüber, welches System es wird. Umfragen sahen eher die Kaution im Vorteil.

Die Sklaverei gibt es noch

Zur Abstimmung steht auch die Sklaverei. Diese wurde 1865 in den USA nämlich nicht vollständig abgeschafft. Das Verbot hat den Zusatz "außer als Strafe für ein Verbrechen". So ist das Gesetz noch immer in Kraft – und sorgt dafür, dass Gefängnisinsassen immer wieder zu unbezahlter Arbeit genötigt werden. Mehrere Bundesstaaten habe diese Form der Zwangsarbeit mittlerweile verboten. Nebraska und Utah können jetzt nachziehen, sofern die Wählerinnen und Wähler es so wollen. Umfragen gibt es nicht, allerdings unterstützten jeweils beide großen Parteien die Idee.

Dass der Bundesstaat Rhode Island mit vollem Namen State of Rhode Island and Providence Plantations heißt, weiß kaum jemand. Wer es aber einmal auf einem offiziellen Dokument liest, fühlt sich meist an die Sklaverei erinnert. Plantations, das waren damals die großbäuerlichen Ansiedlungen, in denen auch Sklaven gehalten wurden und arbeiten mussten. Der Name Rhode Islands hat mit diesen zwar nicht unmittelbar zu tun, die Assoziation wollen viele Bürgerinnen und Bürger aber gerne aus ihrem Staatsnamen streichen. Ein Versuch 2010 scheiterte, nun könnte es, unterstützt von den Black-Lives-Matter-Protesten, doch so weit sein.

Die haben auch dazu geführt, dass der Bundesstaat Mississippi 155 Jahre nach Ende des US-Bürgerkrieges das Südstaaten-Symbol der Konföderierten aus seiner Staatsflagge entfernt – jener Gruppe, die damals für das Recht der Bundesstaaten kämpfte, Sklaverei zu erlauben. Ersetzt werden soll es durch eine Magnolienblüte auf blauem Grund – jedenfalls dann, wenn eine Mehrheit der Idee zustimmt. Mit Ja wird gerechnet.

Alle sind für den Wolf

Arizona, Montana, New Jersey und Mississippi stimmen indes darüber ab, die Nutzung von Marihuana außer Strafe zu stellen – zumeist zeichnet sich ein knappes Rennen ab, in New Jersey wird allerdings mit einem Ja der Wählerinnen und Wähler gerechnet. Gleiches gilt für ein Referendum zur medizinischen Verwendung von Marihuana im Bundesstaat South Dakota.

Noch einen Schritt weiter geht womöglich Oregon. Dort stehen Magic Mushrooms auf dem Wahlzettel. Genauer genommen soll darüber abgestimmt werden, ob deren psychoaktiver Bestandteil Psilocybin künftig nicht mehr auf der Liste der verbotenen Substanzen stehen soll. Befürworter argumentieren mit Studien, die einen positiven Effekt bei manchen geistigen Erkrankungen zeigen sollen – und damit, dass die nichtsuchterregende Droge dann nicht mehr als Einstieg ins kriminelle Milieu geeignet wäre. Zudem wären Geldmittel, die bisher für die Verfolgung der Drogenkriminalität genützt wurden, für die Behandlung von Suchtkranken frei. Die Vereinigung Amerikanischer Psychologen hat sich dennoch gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen.

Weitgehend unumstritten ist hingegen der Wolf. Über dessen Wiederansiedlung entscheiden die Menschen in Colorado auf Vorschlag der regierenden Demokraten. Vor der Abstimmung wurde sogar eine Umfrage durchgeführt. Sie ging mit 84 zu 16 Prozent pro Wolf aus.

Aus dem Trend fällt da einmal mehr Florida. Im Sunshine State stimmten die Menschen bereits 2018 dafür, früheren Gefängnisinsassen das Wahlrecht zurückzugeben. Das missfiel den regierenden Republikanern, die ein entsprechendes Gesetz sabotierten. Nun wollen sie die Abhaltung von Referenden generell erschweren: Geht ihr Vorschlag durch, müssen Gesetzesinitiativen von den Bürgern bald in zwei Abstimmungen hintereinander beschlossen werden, damit sie Gültigkeit erlangen.

Erhöhter Stundenlohn

Wofür sich die Wählerinnen und Wähler in Florida aber ausgesprochen haben, ist ein Mindeststundenlohn von 15 US-Dollar. Mehr als 61 Prozent haben sich an der Wahlurne für den Verfassungszusatz des Bundesstaates ausgesprochen. Damit steigt der Mindeststundenlohn bis zum Jahr 2026 auf 15 Dollar von bis jetzt 8,56 Dollar. Damit ist Florida einer von insgesamt acht Bundesstaaten, die den Mindestlohn auf das Niveau angehoben haben. Der bundesstaatliche Minimumstundenlohn bleibt bei 7,25 US-Dollar. Biden unterstützt aber einen Lohn von 15 Dollar, Trump sieht diese Entscheidung als Sache der Bundesstaaten. (Manuel Escher, bbl, 3.11.2020)