Die 80-jährige Witwe Mantoa plant ihr Begräbnis auf dem Dorffriedhof: Der Spielfilm "This Is Not a Burial, It’s a Ressurection" läuft beim IFFI.

Foto: IFFI

Ihr Einstand als Leiterin des Internationalen Filmfestivals Innsbruck, kurz IFFI, dürfte Anna Ladinig lange in Erinnerung bleiben. Zuerst musste sie das Festival vom Frühsommer in den Herbst verschieben, dann fiel die für heute, Dienstag, geplante Eröffnung just mit dem Inkrafttreten des zweiten Lockdowns zusammen. Absagen war trotzdem keine Option: Man wolle sichtbar bleiben und die Wettbewerbe so weit als möglich durchziehen, schließlich gehe es dabei "auch um finanzielle Unterstützung für Filmschaffende", so die 30-Jährige.

Für das Publikum heißt das: Zwölf Filme aus dem ursprünglich weitaus umfangreicheren Programm sind von 3. bis 8. November als Stream auf der Website www.iffi.at verfügbar. Darunter Lemohang Jeremiah Moseses Geschichte einer 80-jährigen Witwe in Lesotho, die gegen ein Stausee-Projekt kämpft, dem ihr Dorf weichen soll (This Is Not a Burial, It’s a Ressurection). Oder Ben Rivers’ und Anocha Suwichakornpongs Filmessay Krabi, 2562, in dem ein prähistorischer Höhlenmensch durch den thailändischen Touristenort geistert.

Globale Netzwerke

Mit dem Ziel, dem in den globalen Kinonetzwerken unterrepräsentierten Filmschaffen eine Bühne zu bieten, wurde das IFFI 1992 von Helmut Groschup gegründet, er sollte es fast 30 Jahre lang leiten. Der Abschied fiel Groschup schwer, er war in den vergangenen Jahren schon öfter angekündigt und wieder verschoben worden.

Bis sich Anfang 2019 schließlich die studierte Slawistin Ladinig in einem Bewerbungsverfahren durchsetzte. Verbindungen zum IFFI gab es schon zuvor, 2017 kuratierte Ladinig einen Schwerpunkt zum kirgisischen Kino. Als Expertin für das zentralasiatische Kino dürfte man sie auch künftig kennenlernen: Für 2021, so Ladinig, plane sie einen Schwerpunkt zu 30 Jahren Zerfall der Sowjetunion, der "auch aus der Perspektive der Peripherie beleuchtet werden" soll.

Festival-Landschaft verändert sich

Seit den IFFI-Anfängen hat sich die Festival-Landschaft verändert – wofür Innsbruck steht, will Ladinig in den kommenden Jahren stärker herausarbeiten. Beibehalten werden solle jedenfalls der Fokus auf das Kino des Globalen Südens, auch wenn sie von diesem Begriff eigentlich wegkommen wolle, komme er doch "eher aus der Wirtschaft und bedeutet eine Zweiteilung. Wir wollen die Welt aber als Netzwerk denken."

Aus Octavio Getinos und Fernando Solanas’ Manifest Für ein drittes Kino entliehen ist das Motto der Retrospektive We (Still) Must Discuss, We (Still) Must Invent, in der Online-Version davon übrig geblieben ist unter anderem Ousmane Sembènes filmische Parabel über Neokolonialismus und neuen Sklavenhandel La Noire de … von 1966, die als Wegbereiter des Kinos aus Subsahara-Afrika gilt. Lokalkolorit verspricht wiederum Adolf Pichler 20, eine Doku über Innsbrucker Baumbesetzer. (Ivona Jelcic, 3.11.2020)