Möchte mit seiner Doppelstaatsbürgerschaft sicherstellen, dass seine Familie zusammenbleibt: Edward Snowden.

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Edward Snowden hat die russische Staatsbürgerschaft beantragt. Der ehemalige US-Geheimdienstagent begründete den Schritt mit der bevorstehenden Geburt seines Sohnes in Moskau. Der Whistleblower, der 2013 die umfassenden Überwachungs- und Abhörmaßnahmen des amerikanischen und britischen Geheimdienstes öffentlich machte, lebt bereits sieben Jahre im russischen Asyl. Die meisten westlichen Länder hatten ihm Asyl verwehrt.

Bevorstehende Geburt des Sohnes als Grund

"Nach Jahren der Trennung von unseren Eltern haben meine Frau und ich kein Interesse daran, auch von unserem Sohn getrennt zu werden", kündigte Snowden seinen Schritt per Twitter an. Darum wolle er jetzt, wo wegen der weltweit grassierenden Pandemie die Grenzen geschlossen seien, eine Doppelstaatsbürgerschaft beantragen. Sein Sohn solle sich, "egal wo er lebt, zu Hause fühlen", führte Snowden aus.

Der Sprössling soll Ende Dezember auf die Welt kommen. Laut Snowdens Advokat, dem bekannten russischen Anwalt Anatoli Kutscherena, bekommt das Kind aufgrund seines Geburtsorts automatisch die russische Staatsbürgerschaft. Mutter ist übrigens Snowdens langjährige Freundin Lindsay Mills, die der Ex-Agent 2013 bei seiner Flucht über Hongkong in den USA zurückließ. In seine Pläne sei sie nicht eingeweiht gewesen, sagte Mills damals und bezeichnete ihren Zustand nach der Trennung als "in einem Meer von Chaos treibend". Die Beziehung galt damals als beendet, doch ein Jahr später, im Oktober 2014, folgte Mills Snowden nach Russland. 2017 heiratete das Paar heimlich in Moskau.

Ausnahme für Snowden

Snowdens Chancen auf einen russischen Pass stehen gut: Die russische Staatsbürgerschaft können Bewerber nach Ablauf der ersten Aufenthaltsgenehmigung beantragen, die Snowden bereits besitzt. Mehr noch: Die ansonsten eher als pedantisch bekannte Migrationsbehörde hatte erst jüngst für den prominenten Asylbewerber eine absolute Ausnahme gemacht und ihm im Oktober eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis ausgestellt. Ansonsten gelten die Dokumente in Russland maximal fünf Jahre und müssen sehr aufwendig verlängert werden.

Trotzdem gab der frühere NSA-Mitarbeiter an, nicht nur seine amerikanische Staatsbürgerschaft zu behalten, sondern auch weiterhin von einer Rückkehr in die USA zu träumen. Sein Kind wolle er zudem "die Werte des Amerika mitgeben, das wir lieben – einschließlich der Rede- und Meinungsfreiheit".

Drohende Haft in den USA

Derzeit drohen Snowden, der 2016 wegen seiner Enthüllungen für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde, aber bei einer Rückkehr in die USA nach dem vorliegenden Haftbefehl wegen Diebstahls von Regierungseigentum, Spionage und der Weitergabe von Verschlussdokumenten zehn Jahre Haft. Zwar haben Barack Obama und auch Donald Trump die Möglichkeit einer Begnadigung angedeutet, das Risiko ist für Snowden trotzdem hoch.

In seinen 2019 veröffentlichten Memoiren hatte Snowden aber auch darüber geklagt, dass der russische Geheimdienst versucht habe, ihn anzuwerben, und er wegen seiner Kritik an Wladimir Putin und den russischen Überwachungsgesetzen keinen leichten Stand habe. (André Ballin aus Moskau, 3.11.2020)