Hatte eine verworrene Lage zu managen: Armin Wolf.

Screenshot: tvthek.orf.at

Knapp vor 20 Uhr ermuntert der Bundespräsident, den November-Lockdown mitzutragen. So sparsam gelächelt hat Alexander Van der Bellen bei einer TV-Ansprache kaum je. Und etwas später wäre ihm für Momente auch der letzte Rest aufmunternden Optimismus vergangen: Schlimmes ist passiert in der Innenstadt, während auf ORF 2 noch Vienna Blood lief. Der ORF unterbricht den Krimi um 21 Uhr erstmals für wenige Minuten. Danach fordert eine Laufschrift auf, rund um den Schwedenplatz die Häuser nicht zu verlassen.

Um 21.30 Uhr ist dann Schluss mit Krimi und fünf Stunden Sondersendung, Armin Wolf hat eine verworrene Lage zu managen. Improvisation ist seine Kunst der Stunde. Er spricht öfter mit seiner Regie, dann fallen Reporterformulierungen wie "ein oder mehrere Täter" oder "mehrere Verletzte". Irgendwann fällt das Wort "Sprengstoffgürtel", es treffen Mutmaßungen ein, es gäbe "mindestens zwei Täter". Um 22 Uhr ist klar, die vermutete Geiselnahme war doch keine.

Die Lage bleibt dennoch neblig, Wolf bittet, heikle Privatvideos nicht hochzuladen. Man gebe sie der Polizei, die Martin Thür – er meldet sich von einer Brücke in Schwedenplatz-Nähe – als "nervös" bezeichnet. Später erstmals Innenminister Karl Nehammer. Er bestätigt einen Terroranschlag, später löst Tarek Leitner Wolf ab und erfährt auch nicht viel mehr. Schließlich Kanzler Sebastian Kurz. Er spricht von Tätern auf der Flucht. Und nein, es gebe "keine Entwarnung". Längst war Mitternacht geworden. Nach zweieinhalb Stunden TV war noch reichlich Ratlosigkeit im Raum. Schwierig, diese TV-Arbeit in Echtzeit.

Immerhin aber wurden im ORF keine Scheinfakten als gesichertes Wissen präsentiert. War nicht überall so. (Ljubiša Tošić, 3.11.2020)