Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder und Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums.

Foto: APA

Wien – "Jeder Satz bekam eine andere Bedeutung": Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger stand auf der Bühne, als er während der Vorstellung vom Terroranschlag in der Innenstadt informiert wurde. Während die Kammerspiele in der Rotenturmstraße umgehend evakuiert wurden, spielte man am Haupthaus das Stück Jacobowsky und der Oberst, in dem es um Flucht von Migranten 1939 geht, zu Ende: "Mir wurde bewusst, wie wichtig das Theater als geistige Auseinandersetzung ist", so Föttinger: "Jetzt geht es darum, sich dem Terror genauso wie der Gefahr von Verallgemeinerungen zu widersetzen." Die Tat sei von einzelnen Personen und nicht von einer Volksgruppe ausgegangen.

Auch Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums, möchte sich vom Terror nicht beeindrucken lassen. Sie ortet einen "Angriff auf unsere Werte, unsere Demokratie, unsere Freiheit, wo die jüdische Gemeinde ein integraler Teil davon ist". Die Terroristen hätten sich das Zentrum des ausgelassenen Wien ausgesucht, so Spera, "wo Alkohol konsumiert wird und junge Frauen und Männer gemeinsam eine gute Zeit verbringen". Von der Politik erwartet sich Spera "konsequentes Durchgreifen gegen radikale Gruppen, die alle anderen in Geiselhaft nehmen wollen und den islamischen Staat auch mitten in Europa etablieren möchten". Dass der Antisemitismus in ganz Europa zugenommen hat, sei bedauerlich, gleichzeitig gebe es aber "eine ungeheure Welle an Solidarität, Interesse für jüdische Themen, ein großartiges Miteinander, Zuwendung und vor allem eine Politik, die Antisemitismus nicht toleriert. Das war in Österreich nicht immer so. Im Gegenteil", so die Museumsleiterin.

Die tröstende Funktion der Kunst

Das Bank-Austria-Kunstforum richtet derzeit eine spektakuläre Gerhard-Richter-Ausstellung aus und plante, am Tag vor dem Lockdown bis 23.59 Uhr offen zu halten. Direktorin Ingried Brugger war zwar selbst nicht vor Ort, ihr Team kümmerte sich aber um die Besucher, die das Gebäude aus Sicherheitsgründen nicht verlassen durften. "Da drinnen ist man hundertprozentig sicher", so Brugger. Sie unterstreicht die "tröstende Funktion" von Kunst in der momentanen Situation. "Kunst versucht immer wieder darauf hinzuweisen: Was ist Aufklärung, was Humanismus, was sind europäische Werte?" Dass die Auseinandersetzung mit Kunst wegen des Lockdowns nun nicht möglich sei, schmerzt Brugger.

Kollege Klaus Albrecht Schröder von der Albertina sieht das ähnlich: "Die Arbeit für die Kunst ist eine Arbeit für die Gesellschaft", sagt er am Tag nach den Attacken: In der Albertina mussten hundert Besucher (davon siebzig im Filmmuseum) bis nach Mitternacht ausharren, bis sie aus dem Gebäude evakuiert wurden. Schröder selbst konnte kurz vor den Abriegelungen den ersten Bezirk verlassen: "Jetzt ist es notwendig, unsere Werte, die Werte der Aufklärung, zu verteidigen." Wie das gehen soll? "Zuerst einmal müssen wir zur Besinnung kommen", so der Albertina-Direktor, der auf die Verantwortung für die eigenen Mitarbeiter hinweist: "Als Gesellschaft dürfen wir uns nicht entmutigen lassen, müssen den Tätern das Handwerk legen." (stew, hil, 3.11.2020)