Bild nicht mehr verfügbar.

Aung San Suu Kyi wird eine undemokratische Haltung vorgeworfen.

Foto: Reuters / Soe Zeya Tun

Aung San Suu Kyi hat schon gewählt. Die ehemalige Ikone der Demokratiebewegung und heutige De-facto-Staatschefin von Myanmar hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Stimme für die Parlamentswahlen bereits vorzeitig abzugeben. Denn am Sonntag finden die erst zweiten nationalen Wahlen seit der Demokratisierung statt. Und sie sind stark durch Corona eingeschränkt. Myanmar gehört aktuell zu den in Südostasien am schlimmsten betroffenen Ländern. Viele Menschen können wegen Reisesperren nicht zur Stimmabgabe fahren.

Doch nicht nur die Pandemie schränkt den Urnengang ein. Beobachter sind sich einig, dass die Wahlen alles andere als frei und fair über die Bühne gehen werden. Jenseits des weltweiten Scheinwerferlichts hat die Demokratisierung in dem mehrheitlich buddhistischen Land in den vergangenen Jahren einen ordentlichen Dämpfer erfahren.

Wie einst die Generäle

Während in Suu Kyis National League of Democracy (NLD) nach ihrem erdrutschartigen Sieg 2015 noch euphorisch Hoffnung auf Öffnung gehegt wurde, zeigt sich fünf Jahre später ein ernüchterndes Bild. Das Militär hält weiterhin 25 Prozent der Parlamentssitze – trotz Suu Kyis gegenteiliger Bestrebungen. Die Partei wird ihrem Namen nicht gerecht, Suu Kyi wird eine immer antidemokratischere Haltung vorgeworfen, ganz nach Art der Militärgeneräle. Oppositionsparteien und -politiker sollen systematisch unterdrückt werden, genauso wie Medien.

International an Ansehen verloren

Während Suu Kyi in Myanmar selbst weiterhin großen Zuspruch erfährt und ihre Partei am Sonntag mit einem weiteren Sieg rechnen kann, hat sie international stark an Ansehen verloren. Die brutale Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya verurteilte die Friedensnobelpreisträgerin nicht. Sie verteidigte sogar das Vorgehen des Militärs – in dem die Uno Genozid ortet – in Den Haag. Auch bei diesen Wahlen dürfen die meisten Rohingya nicht wählen. Im Bundesstaat Rakhine, wo die meisten von ihnen beheimatet sind, herrschen bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, die meisten Wahllokale dürfen dort deshalb nicht aufsperren. (Anna Sawerthal, 3.11.2020)