Um Infektionsketten schnell durchbrechen zu können, müssen Contact-Tracer vorab vor allem durch telefonische Befragungen Kontaktpersonen von an Covid-19 Erkrankten aufspüren.

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Wien – Die Coronavirus-Zahlen steigen und steigen. Allein in Wien wurden laut Angaben der Landessanitätsdirektion und des medizinischen Krisenstabs von Montag auf Dienstag in 24 Stunden 830 Personen positiv getestet. Dabei befindet sich Wien aktuell laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) bei der Sieben-Tages-Inzidenz der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner mit einem Wert von 303 im hinteren Mittelfeld aller Bundesländer.

Die Situation in den Wiener Spitälern hat sich durch den unfassbaren Terroranschlag und die Aufnahme von Schwerverletzten und Verletzten zusätzlich verschärft. Noch sei die Situation in den so wichtigen Intensivstationen aber unter Kontrolle – "auch wenn die Zahlen stetig steigen", wie es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt. Am Dienstag benötigten 103 an Covid-19 Erkrankte eine intensivmedizinische Betreuung, damit waren vier Betten mehr belegt als tags zuvor. Derzeit stehen rund 150 Intensivbetten für Corona-Fälle zur Verfügung.

Bei Bedarf – also wenn andere Patienten umgeschichtet und aufschiebbare Operationen verschoben werden – kann diese Zahl verdoppelt werden. In Wien hofft man, dass dieses Szenario nicht eintritt. "Wir rechnen damit, dass die Maßnahmen der Bundesregierung zeitverzögert wirken", sagte ein Sprecher Hackers. In Vorarlberg wurde etwa in Reaktion auf die stark steigenden Corona-Zahlen am Dienstag bekanntgegeben, dass in drei Spitälern das Operationsprogramm bereits schrittweise reduziert wird.

Versäumnisse bei Vorbereitung auf zweite Welle

Um mögliche Infektionsketten erkennen und schneller durchbrechen zu können, sollen sogenannte Contact-Tracer Kontaktpersonen von an Covid-19 Erkrankten vor allem durch telefonische Befragungen rasch aufspüren. Von der dynamischen Fallzahl-Entwicklung wurde aber auch Wien überrascht: Es wurde wie in ganz Österreich verabsäumt, rechtzeitig für die zweite Corona-Welle zusätzliches Personal zu rekrutieren.

Am 16. September gab Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekannt, dass Wien 500 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Contact-Tracing neu einstellen wird. Diese sollen dann auch bei der Hotline 1450 mitarbeiten. Bis zu diesem Zeitpunkt waren in der Bundeshauptstadt nur rund 100 Contact-Tracer tätig. Dazu kamen Mitarbeiter des städtischen Gesundheitsdienstes (MA 15), die ebenfalls hier mitwirkten.

250 Contact-Tracer seit Mitte September eingestellt

Seit Mitte September wurden 250 Mitarbeiter im Bereich Contact-Tracing neu eingestellt – und damit die Hälfte der bisher von Ludwig angekündigten Aufstockung. Das sagte ein Sprecher Hackers am Dienstag auf Anfrage des STANDARD. Insgesamt seien derzeit in der Stadt Wien 460 Mitarbeiter mit diesen Aufgaben beschäftigt, wie es hieß. Neben den Neueinstellungen wurden auch Mitarbeiter von anderen städtischen Abteilungen wie der MA 15 für das Contact-Tracing abgezogen.

Die Einstellungsoffensive sei noch nicht vorbei. "Das passiert laufend, auch im November." Die Rekrutierung der Personen und deren Einschulung würde aber auch Zeit benötigen. Laut Hackers Büro sollen noch rund 300 weitere Contact-Tracer aufgenommen werden – und damit etwas mehr als von Ludwig angekündigt. In den kommenden Wochen und Monaten sollen dann "zwischen 700 und 800 Mitarbeiter im Bereich Contact-Tracing in Wien arbeiten", wie es heißt. In wie vielen Wochen oder Monaten der Endausbau erreicht sein soll, wurde nicht bekanntgegeben.

1.200 Bewerbungen

Eine weitere Stellenausschreibung der Stadt dürfte es nicht mehr geben. Auf die Mitte September veröffentlichte Ausschreibung haben sich laut dem Hacker-Sprecher gleich 1.200 Personen beworben. Dann sei diese offline genommen worden. Das monatliche Gehalt bei Vollzeitbeschäftigung beträgt 1831 Euro brutto. Das befristete Dienstverhältnis wird für eine Dauer von zehn Monaten eingegangen. (David Krutzler, 3.11.2020)