Kardinal Christoph Schönborn lud am Dienstag in den Stephansdom.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, dessen Frau Doris Schmidauer und Kanzler Sebastian Kurz nahmen in der ersten Reihe Platz.

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Zusammenrücken in Zeiten der Pandemie – mit Abstand wohl eine der schwierigsten Aufgaben in Tagen wie diesen. Dienstagabend versuchte man diesen Spagat der Menschlichkeit im Wiener Stephansdom. Die Staatsspitze, allen voran Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz, versammelte sich gemeinsam mit Vertretern der Religionsgemeinschaften nur wenige Gehminuten vom Ort des Terrorgrauens entfernt zu einer Trauerfeier.

Kleine Zahl

Aufgrund der strengen Corona-Vorsichtsmaßnahmen wurde nur eine überschaubare Zahl an Gästen in den Dom gebeten. Auf dem Stephansplatz fand sich, neben einer überschaubaren Menge an Trauernden, erwartungsgemäß ein Großaufgebot an schwerbewaffneten Polizisten ein.

Eingelassen wurden in den Dom nur geladene Gäste. Zaungäste mussten einen Platz hinter einer Absperrung einnehmen. Eine geplante Videowall direkt am Stephansplatz wurde hingegen behördlich untersagt. Die Feier selbst begann mit einem Moment der Stille. Dann leitete die Musik von Johann Sebastian Bach den bedrückenden Abend ein.

Fünf Religionen, fünf Kerzen

Die fünf Vertreter der Religionsgemeinschaften lasen dann nacheinander jeweils ein Schriftwort und einen Segen über Stadt und Land und entzündeten eine Kerze. Die fünf Kerzen stehen für die Toten der vergangenen Nacht. Dazu erklang das Lied "Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt". Ein sichtlich bewegter Kardinal Christoph Schönborn sprach von einer Stunde der Trauer.

Und mahnte: Die bewährte Einheit in unserem Land dürfe nicht und könne nicht zerstört werden. In seiner Rede stellte der Wiener Erzbischof die Frage in den Kirchenraum, ob nach 75 Jahren der Frieden in Österreich brüchig geworden sei. "Ein milder Abend, ausgehen, Freunde treffen – niemand rechnet da mit Terror."

Frieden als "Netzwerk" vieler Aufmerksamer

In kritischen Momenten zeige sich aber, ob die Institutionen funktionieren. Schönborn: "Der Frieden eines Landes ist ein Netzwerk vieler einzelner Aufmerksamer. Frieden ist nie ein fertiges Produkt. Und die Einheit darf nicht durch einzelne irregeleitete Hassaktionen gefährdet werden." (Markus Rohrhofer, 3.11.2020)