Ein Zug mit sechs Castoren voll hochradioaktiven Atommülls hat am Dienstagabend den niedersächsischen Hafen Nordenham in Richtung Hessen verlassen.

Foto: imago images/imagebroker

Oldenburg – Ein Zug mit sechs Castoren voll hochradioaktiven Atommülls hat am Dienstagabend den niedersächsischen Hafen Nordenham in Richtung Hessen verlassen. Wie die Polizei Oldenburg mitteilte, wurden die Castoren von einem Frachter auf den Zug verladen. Sie sollen in ein Zwischenlager im südhessischen Atomkraftwerk Biblis nördlich von Mannheim gebracht werden.

Auf dem Weg dorthin durchquert der Zug mehrere deutsche Bundesländer. Die Bundespolizei war nach eigenen Angaben mit mehreren tausend Beamten entlang der Strecke im Einsatz, um den Transport abzusichern. Die Teilstrecke nach Bremen sei "planmäßig und bislang störungsfrei" verlaufen, teilte die Polizei in Oldenburg mit.

Das Aktionsbündnis Castor-Stoppen.de begleitete den Zugtransport mit Demonstrationen und Mahnwachen entlang der Strecke. Die Aktivisten kritisierten, dass der Transport ohne "Informationen an die Zuständigen für den Katastrophenschutz im Falle eines Unfalls" stattfinde.

Aus der Wiederaufbereitungsanlage

Der Müll in den Castoren stammt aus der Wiederaufbereitung von Brennelementen in der Wiederaufbereitungsanlage im britischen Sellafield, die Bundesrepublik ist vertraglich zur Rücknahme verpflichtet. Es handelt sich um den ersten Castortransport in Deutschland seit neun Jahren. Laut Atomkraftgegnern sind bis zum Jahr 2024 noch vier weitere derartige Transporte geplant.

Ursprünglich sollte der Castortransport bereits im Frühjahr stattfinden, er wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Die niedersächsische Regierung hatte sich dafür eingesetzt, den Transport erneut zu vertagen. Auch Polizeigewerkschaften hatten dies gefordert. Die deutsche Bundesregierung hielt jedoch am Termin fest.

Planänderung

2002 war beschlossen worden, den Atommüll aus der Wiederaufbereitung deutscher Brennelemente im Ausland nicht mehr zentral in ein Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben zu bringen. Die Transporte zu dem umstrittenen Standort wurden regelmäßig von tagelangen, teils gewaltsamen Protesten begleitet. Stattdessen wurde vereinbart, die restlichen Castoren auf Zwischenlager zu verteilen, die zwischenzeitlich an den deutschen Atomkraftwerken entstanden.

Die Zwischenlager an den Kraftwerken wurden eingerichtet, um die abgebrannten Brennelemente aus deren Reaktoren aufzunehmen. Die Wiederaufbereitung von Brennelementen ist in Deutschland seit 2005 verboten, seitdem werden daher keine Brennelemente mehr in die entsprechenden Fabriken in Großbritannien sowie Frankreich geschickt. Die noch verbliebenen Transporte dienen der Rücknahme des Mülls aus früheren Aufbereitungsaufträgen. (APA, AFP, 3.11.2020)