Für die meisten ist der Kauf einer Wohnung die größte Anschaffung ihres Lebens, in die das ganze Ersparte und meist noch ein saftiger Kredit gesteckt wird. Die Wahl der Traumwohnung will gut überlegt sein. Was man dabei beachten und auf welche Probleme man vorbereitet sein sollte.
1. Gute Recherche
Die perfekte Wohnung ist gefunden? Jetzt nichts überstürzen. Manche Fettnäpfchen lassen sich vorab vermeiden. So sollte man bei in Bau befindlichen Projekten den Bauträger unter die Lupe nehmen und sich anschauen, ob dieser über Gewerbeschein und nötige Bonität verfügt.
Gängige Praxis ist, dass Bauträger Projektgesellschaften gründen, die als Vertragspartner für die Wohnungskäufer fungieren. Der Nachteil: Diese werden im Anschluss an den Abverkauf der Wohnungen rasch liquidiert. Bei Mängeln ist niemand mehr greifbar. Auch die Vertragspartner des Bauträgers sollte man vorab unter die Lupe nehmen.
Der Bausachverständige Günther Nussbaum, bekannt aus der ATV-Serie "Pfusch am Bau", kennt die verlässlichen Player in der Branche – und auch die weniger verlässlichen: "Es gibt kleine, nicht ganz so seriöse Anbieter, bei denen man sich Sorgen machen muss, ob die das Bauvorhaben überhaupt überstehen", erzählt er.
Wichtig ist im Vorfeld außerdem zu überprüfen, ob überhaupt alles so baugenehmigt ist, wie es einem verkauft wird. Auch ein Blick ins Grundbuch ist vor einem Immobilienkauf unbedingt notwendig.
Noch ein Tipp: unbedingt das Instandhaltungskonto der Hausgemeinschaft überprüfen und eine Vorausschau der Hausverwaltung einfordern. "Wenn man einzieht, durch den Wohnungskauf finanziell eh schon am Limit ist, und dann eine Sanierung der Fassade um 100.000 Euro ansteht, wird’s schnell kritisch", sagt Nussbaum.
Auch der Wohnungseigentumsvertrag, der die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander regelt, sollte inspiziert werden. Hier ist beispielsweise festgelegt, wie allgemeine Teile der Liegenschaft genutzt werden dürfen. "In der Praxis schauen sich diesen Vertrag aber 90 Prozent der Wohnungskäufer nicht an", sagt der Wiener Rechtsanwalt Walter Reichholf.
2. Wünsche formulieren
Manches später auftretende Problem kann man sich jetzt noch ersparen. Zum Beispiel sollte man Dinge, die einem wichtig sind, in die Bau- und Ausstattungsbeschreibung, die der Bauträger vorlegt, hineinreklamieren – und sich nicht von Renderings blenden lassen. "Die Ausstattung ist meist nur sehr vage beschrieben", sagt Nussbaum.
Dabei mache es bei der Gastherme einen großen Unterschied, ob man ein gutes Markenprodukt oder ein No-Name-Produkt bekommt. Als potenzieller Kunde könne man sich da schon einiges heraushandeln. "Aber wenn die Leistungsbeschreibung für ein ganzes Haus auf eine A4-Seite passt, darf man sich nicht wundern, wenn man alles vom Billigsten bekommt", sagt Nussbaum.
3. Wohnung inspizieren
Ein häufiger Irrtum bei Neubauobjekten, die unter das Bauträgervertragsgesetz (siehe Punkt 4) fallen: Nur weil ein Sachverständiger regelmäßig den Baufortschritt überprüfen muss, damit die einzelnen Tranchen überwiesen werden, heißt das nicht, dass dieser sich auch die Gesamtqualität des Baus anschaut. "Es ist also nicht auszuschließen, dass im Nachhinein Mängel entdeckt werden, die gravierende Kosten verursachen", warnt Rechtsanwalt Reichholf.
Ein Bausachverständiger, der die Traumwohnung auf ihre Schwächen abklopft, ist keine schlechte Idee. Besonders heikel sind laut Nussbaum Dachgeschoßwohnungen, weil das die "Königsdisziplin" sei.
4. Rechtliche Unterstützung
Rechtlich sind Käufer von im Bau befindlichen Projekten mit dem Bauträgervertragsgesetz geschützt. Kurz zusammengefasst schützt das Gesetz Wohnungskäufer davor, ihr hart erspartes Geld in ein unfertiges Bauprojekt zu stecken, das dann gemeinsam mit dem Bauherrn flöten geht. Der Kaufpreis wird daher auf ein Treuhandkonto überwiesen, der Baufortschritt regelmäßig von einem Sachverständigen überprüft – und einzelne Tranchen erst nach und nach überwiesen.
Strenggenommen kommt der Kauf zustande, wenn das Kaufanbot unterschrieben und vom Verkäufer angenommen wird. Dieses Kaufanbot wird oft vom Makler oder der Maklerin vorgelegt. Es sollte genau überprüft werden. "Oft wird darin nicht ausreichend spezifiziert, was Gegenstand des Anbotes ist", warnt Rechtsanwalt Reichholf. Auch hier gilt: alles reinschreiben, was wichtig ist.
Außerdem macht es Sinn, die Kaufunterlagen von einem Anwalt überprüfen zu lassen. "Man muss nicht jeden Vertrag widerstandslos hinnehmen", betont Nussbaum. Reichholf warnt sogar vor "einer großen Anzahl an unzulässigen Bestimmungen" in Verträgen von Bauträgern, die bis zu 25 Seiten lang und für juristische Laien unverständlich sind.
Ungültig ist beispielsweise die Klausel, dass der Käufer eine Wohnung auch dann übernehmen muss, wenn sie mangelhaft ist. Davon rät Reichholf sogar entschieden ab.
5. Plan für danach
Der eine oder andere Mangel, der nach der Wohnungsübergabe entdeckt wird, ist erwartbar. Laut Bauträgervertragsgesetz werden dem Bauträger daher zwei Prozent des Kaufpreises erst nach Ende der Gewährleistungsfrist ausbezahlt. Reichholf rät aber auch dazu, vorab ein Budget für Rechtsberatung und "kleinere Rechtsstreite" auf die Seite zu legen.
Noch etwas betont er: "Wenn man in Streitfällen zu lange zögert, ist das in der Regel nachteilig." Wichtig sei, in solchen Fällen rasch und entschlossen aufzutreten. Das werde von der Gegenseite auch genau beobachtet.
Theoretisch gebe es genügend Möglichkeiten, rechtlich gegen Mängel vorzugehen, "aber praktisch wissen die Leute oft nicht, welche Möglichkeiten sie haben", sagt Nussbaum. Zudem können Streitereien teuer werden – und dauern. Rechtlich sieht der Experte daher noch Verbesserungspotenzial.
6. Nicht verzweifeln
Nicht nur die Erfahrungsberichte (siehe unten) zeigen: Der Weg zur Traumwohnung kann ein langer sein. Und man kann mit Pech auch unverschuldet in einer solchen Situation landen. Auch Nussbaum kennt unzählige Fälle. "Aber ich mache den Leuten dann immer klar, dass sie da jetzt durchmüssen", sagt er.
Sein Tipp: einen Schritt nach dem anderen. So lässt sich die Situation meistern. Denn die gute Nachricht zum Schluss: Allen Widrigkeiten zum Trotz folgt in vielen, vielen Fällen doch ein Happy End. (Franziska Zoidl, 30.12.2020)