Einsatzkräfte am Montagabend nach dem Anschlag in der Wiener Innenstadt.

Foto: EPA/CHRISTIAN BRUNA

Die Medienbehörde KommAustria vermutet Gesetzesverstöße in der Berichterstattung über die Terroranschläge in Wien. Sie ermittelt derzeit. Das betätigte ein Sprecher der KommAustria am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage, ohne aber auch auf Nachfrage die Kanäle/Sender oder die konkreten Verstöße zu erklären.

Andreas Kunigk, Sprecher der Medienbehörde und der RTR, erklärte auf Anfrage: "Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen mitteilen, dass die Medienbehörde KommAustria der Berichterstattung zu dem Terroranschlag in einzelnen Fällen amtswegig nachgeht und eine umfassende rechtliche Prüfung unter Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien und gesetzlicher Verfahrenswege vornimmt. Dazu wird natürlich zunächst auch der Sachverhalt ermittelt. Untersucht wird, ob in der Berichterstattung konkret gegen gesetzliche Gebote beziehungsweise Verbote verstoßen wurde, die sich an audiovisuelle Mediendienste richten."

Im (sehr unwahrscheinlichen) Extremfall könnte ein Verfahren bis zum Entzug der Lizenz gehen. Weit realistischer wäre eine Verwaltungsstrafe – sofern sich die Medienbehörde zuständig sieht und einen oder mehrere Verstöße feststellt.

Was schreibt das AMD-Gesetz Sendern und Kanälen vor?

Menschenwürde achten

Als "Allgemeine Anforderung" formuliert das AVMD-Gesetz etwa: "Audiovisuelle Mediendienste müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten."

Sender und Kanäle dürfen laut Gesetz auch nicht "zu Hass aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion, Behinderung und Nationalität aufreizen".

Schutz Minderjähriger

Das Audiovisuelle-Mediendienste-Gesetz regelt etwa den Schutz von Minderjährigen. Es untersagt etwa "Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen können, insbesondere solche, die Pornografie oder grundlose Gewalttätigkeiten zeigen". Können solche Sendungen diese Entwickung beeinträchtigen, müssen die Sender "durch die Wahl der Sendezeit oder durch sonstige Maßnahmen sicherstellen, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht wahrgenommen werden". Warnhinweise während der Sendung oder Verschlüsselungen werden erwähnt.

Sorgfalt

Das AV-Mediendienste-Gesetz verlangt – gemäß einer verfassungsgesetzlichen Bestimmung über Rundfunk allgemein – auch von Privatsendern, dass sie "den Grundsätzen der Objektivität und Meinungsvielfalt entsprechen". Es verlangt etwa auch: "Berichterstattung und Informationssendungen haben in allen Fernsehprogrammen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen."

Das AMD-Gesetz regelt aber etwa auch Umfang und Kennzeichnung sowie Inhalt von Werbung und Sonderwerbeformen.

Beschwerden und Werbestopps

Beim Presserat, einem Selbstkontrollorgan der Branche, sind bis Mittwoch 1.450 Beschwerden über die Berichterstattung von "Oe24" und "krone.at"/"Krone-TV" zum Anschlag am Montagabend eingelangt. Sie zeigten am Montagabend Videos von Schüssen des Attentäters auf Menschen.

Eine Reihe von Werbekunden haben einen Stopp ihrer Schaltungen bei einzelnen Medien dieser Medienmarken angekündigt, andere einen generellen Kampagnenstopp wegen der Ereignisse. (fid, 4.11.2020)