Science-Fiction-Autor Charles Stross meinte einmal, dass die Raumfahrt nichts für "eingedoste Primaten" sei. Deinococcus radiodurans wäre für den Weltraum wesentlich besser ausgestattet.
Foto: Tetyana Milojevic

Deinococcus radiodurans (übersetzt in etwa: "der Strahlung ertragende Schreckenskeim") wird seinem Namen gerecht: Das extremophile Bakterium war 1956 entdeckt worden, als man Fleischkonserven mit ionisierender Strahlung behandelte, um Keime abzutöten – doch Deinococcus, der selbst keine Krankheiten auslöst, überlebte die Prozedur. Im Englischen hat sich der Winzling mit den dicken Zellwänden wegen seiner Unverwüstlichkeit den Spitznamen "Conan the Bacterium" eingefangen. Am eindrucksvollsten wurde diese Unverwüstlichkeit vor ein paar Jahren durch ein Experiment im Weltraum bestätigt.

Im Rahmen der japanischen Tanpopo-Mission wurden Proben von Deinococcus radiodurans von Mai 2015 an ein Jahr lang an der Außenseite des japanischen Moduls Kibo an der Internationalen Raumstation angebracht. In kleinen Wannen waren einen Millimeter dünne Bakterienschichten massiver UV- und kosmischer Strahlung ausgesetzt. Und so nebenbei mussten sie auch mit dem Vakuum, Temperaturschwankungen, Austrocknung, Gefrieren und Mikrogravitation fertig werden. Im August 2016 kehrten sie dann mit einer Weltraumkapsel der Privatfirma SpaceX zur Erde zurück.

Dauerhaft

Ein internationales Team um Tetyana Milojevic vom Institut für Biophysikalische Chemie der Universität Wien hat die Bakterien näher untersucht und berichtet darüber in der Fachzeitschrift "Microbiome". Die Forscher stellten fest, dass das Bakterium morphologische Schäden vermeiden kann, indem es eine Reihe von Maßnahmen einleitet.

So sei mit der sogenannten Exzisionsreparatur ein Mechanismus aktiv geworden, der Erbgutschäden ausbessert. Dazu kamen zwei Verteidigungsmechanismen gegen reaktive Sauerstoffradikale, die bei oxidativem Stress entstehen und Eiweiß- sowie Fettstoffe zerstören können. Außerdem hatten die Bakterien ihren Energiehaushalt verändert – wohl um die ganzen Reparaturen zu bewerkstelligen, so die Forscher.

Reisefertig

"Die Ergebnisse legen nahe, dass das Überleben von Deinococcus radiodurans aufgrund seines effizienten molekularen Reaktionssystems über einen längeren Zeitraum möglich ist: Für Organismen mit solchen Fähigkeiten sind auch noch längere, weiter entfernte Reisen möglich", sagt Milojevic. Und das ist es, was die Forscher letztlich herausfinden wollten: nämlich ob Mikroben interplanetare Flüge überstehen könnten.

"Conan" wäre offenbar dazu in der Lage, von einem Himmelskörper zum anderen – etwa vom Mars zur Erde oder umgekehrt – zu reisen. Für die Entstehung und Verbreitung von Leben ist damit ein reizvolles Gedankenspiel möglich: In einem Sternsystem könnte sich auf einem Planeten mikrobielles Leben entwickeln, das den Boden besiedelt. Ein Einschlag eines größeren Objekts sprengt dann Gestein aus diesem Himmelskörper heraus, das später seinerseits als Meteorit auf einem anderen Planeten niedergeht – und diesen mit dem mitgenommenen Leben "impft". (red, 4. 11. 2020)