K. F. war österreichisch-nordmazedonischer Doppelstaatsbürger. Ein Verfahren zum Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft des Gefährders durch die Stadt Wien musste eingestellt werden.

Wien – Am Dienstag hatte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer Pressekonferenz indirekte Kritik an der Stadt Wien geäußert, wonach das Aberkennungsverfahren zur österreichischen Staatsbürgerschaft des mutmaßlichen Terroristen K. F. durch die Stadt Wien im Sand verlaufen sei. Laut Nehammer hat es nach Ansicht der zuständigen Wiener Behörde "zu wenig Hinweise auf aktives Tun" in Richtung einer terroristischen Betätigung gegeben.

Die zuständige MA 35 sieht in diesem Fall aber die Verantwortung beim Innenministerium. Auf Anfrage des STANDARD gab die MA 35 bekannt, dass die Wiener Behörde im März 2019 vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terorismusbekämpfung (LVT) darüber informiert worden sei, "dass es Hinweise auf eine Tätigkeit von K. F. im Zusammenhang mit der Terrororganisation 'Islamischer Staat' gebe". Daraufhin sei von der MA 35 ein Verfahren zur Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft eingeleitet worden.

Voraussetzung für eine Entziehung ist nach bundesrechtlichen Vorgaben zum einen eine aktive Teilnahme an Kampfhandlungen im Ausland für eine bewaffnete Gruppe. Zum anderen muss eine Doppelstaatsbürgerschaft vorliegen: Der Betroffene darf also nicht staatenlos werden.

Wiener Behörde fehlten konkrete Informationen des LVT

K. F. hatte neben der österreichischen auch die Staatsbürgerschaft Nordmazedoniens. Allerdings, so die MA 35, ging "aus den vom LVT im März 2019 übermittelten Informationen eine solche aktive Teilnahme an Kampfhandlungen im Ausland jedoch nicht hervor". Das LVT wurde deshalb um weitere Informationen ersucht, um eine Grundlage für die Entziehung der Staatsbürgerschaft zu haben. Das LVT teilte im Mai 2019 jedoch mit, dass K. F. nach dem 1. Jänner 2015 nicht in Syrien gewesen sei und sich laut den Erkenntnissen nicht aktiv an Kämpfen der Terrorgruppe beteiligt habe. "Die MA 35 musste das Entziehungsverfahren daraufhin einstellen." Hätte es neue Informationen des LVT gegeben, hätte man "das Verfahren umgehend wiederaufgenommen".

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nahm den Bund in die Pflicht, hier strengere Bundesgesetze zu schaffen, um Gefährdern leichter die Staatsbürgerschaft aberkennen zu können und Abschiebungen zu ermöglichen. K. F. wurde Ende April 2019 als IS-Sympathisant rechtskräftig zu 22 Monaten Haft verurteilt. Er wurde bedingt vorzeitig aus der Haft entlassen und musste an einem Deradikalisierungsprogramm teilnehmen. Hinter vorgehaltener Hand wurden vonseiten des Rathauses auch Vorwürfe laut, wieso der Bund den bedingt Entlassenen nicht stärker kontrolliert habe.

Fünf Gefährdern wurde Staatsbürgerschaft rechtskräftig aberkannt

Laut MA 35 wurden in Wien allein im Vorjahr gegen sieben Gefährder und IS-Sympathisanten, die im Ausland an Kampfhandlungen teilgenommen hatten, Entziehungsverfahren eingeleitet. Fünf haben mittlerweile rechtskräftig die Staatsbürgerschaft verloren. Im Verfahren gegen Azad G. hob das Verwaltungsgericht Wien die Entscheidung der MA 35 auf: Laut Gericht hat dieser nur die österreichische Staatsbürgerschaft und kann demnach nicht staatenlos werden. Die Wiener führten erfolglos ins Treffen, dass Azad G. nach Ansicht der MA 35 österreichisch-türkischer Doppelstaatsbürger sei. Auch bei einem weiteren Fall läuft das Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht.

Zusätzlich sind aktuell zehn weitere – ähnlich gelagerte – Entziehungsverfahren anhängig. Hier gibt es noch keine Entscheidung. (David Krutzler, 4.11.2020)