In der Berichterstattung über den parlamentarischen Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung wurde von um Zudecken und Vernebelung bemühten Journalisten behauptet, dass es sich bei den dort stattfindenden Befragungen um "sinnlose Rituale" handle. In einem speziellen Punkt haben sie damit sogar recht. Nämlich immer dann, wenn Abgeordnete der ÖVP ihre eigenen Parteikameraden befragen. Diese "Fragen" lassen nur selten einen Wunsch nach Informationsgewinn erkennen und beginnen mit ausufernden Einleitungen à la "Als Bundeskanzler hat man ja relativ viel zu tun …" Das erinnert an Zeitschinden beim Fußball, mit dem Unterschied, dass die Akteure hier keine Verwarnung durch das Schiedsrichterteam zu fürchten haben.

Noch wertloser wird die Angelegenheit, wenn Unterstützer der ÖVP als Auskunftspersonen geladen sind. Diese werden zunächst, wie bei René Benko tatsächlich geschehen, für ihren "beeindruckenden Werdegang" gelobt und dann mit grotesken Scheinfragen konfrontiert, wie zum Beispiel: "Warum ist es aus Ihrer Sicht auch wichtig, dass man als Unternehmer Kontakt zur Politik hat?"

Immobilientycoon René Benko vor dem Ibiza-U-Ausschuss.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Ihren absurden Höhepunkt erreicht diese Farce, wenn der Vorsitzende Wolfgang Sobotka und die ÖVP-Abgeordneten auch noch mit vereinten Kräften versuchen, selbst den winzigsten Ansatz einer für ihre Partei unangenehm interpretierbaren Aussage zu unterbinden, indem sie die Antworten der Auskunftspersonen einfach unterbrechen.

Lästige Fragen

Um solche Szenen zu vermeiden, sollte die türkise U-Ausschuss-Fraktion ihre Fragen vielleicht so formulieren, dass sie die Antworten auf lästige Fragen der anderen Parteien gleich mit enthalten. Zum Beispiel an René Benko:

"Sehr geehrter Herr Benko, wir sind unendlich dankbar, dass Sie Ihr beeindruckender Werdegang heute hierhergeführt hat, obwohl Sie zu den meisten Ihnen heute gestellten Fragen keine Erinnerung haben werden. Als Multimilliardär hat man ja relativ viel zu tun, und wenn einem als Unternehmer Kontakt zur Politik wichtig ist, hat man dann oft keine Wahrnehmung mehr zu was auch immer. Falls man Sie hier mit Zitaten Straches aus dem Ibiza-Video konfrontieren sollte wie zum Beispiel: ‚Die ganze Partie rund um Siegi Wolf, um Porsche, um Benko – die haben alle über 20 Millionen Euro bereits für den Kurz in den Topf geworfen‘, dann werden Sie aufklären können, dass es sich hier um eine Runde von Hobby-Köchen handelt, die unseren Herrn Bundeskanzler seit vielen Jahren mit aus exquisiten Zutaten zubereiteten Eintopfgerichten bekocht. Aus diesem Sachverhalt heraus ergeben sich nun unsere drei Fragen an Sie, die zuvor schon einmal Sebastian Kurz trefflichst formuliert hat, nämlich: Und, ham S’ scho mittagg’essen? Ja? Ja???"

Zweifel daran, ob die Türkisen wirklich zu dieser Strategie bereit wären, möchte ich mit einem Originalzitat aus einer Ausschusssitzung zerstreuen. Als Vertreter der Opposition vergeblich versuchten, dem Erinnerungsvermögen von Sebastian Kurz auf die Sprünge zu helfen, rief der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl dazwischen: "Der Kanzler will davon nichts wissen, das heißt auch, er weiß nichts davon!" (Florian Scheuba, 5.11.2020)