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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) empfehlen Zurückhaltung bei Kindergarten- oder Schulschließungen. Das Ansteckungsrisiko sei bei ganz jungen Menschen sehr gering.

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Anders als beim Lockdown im Frühjahr sollen Kindergärten und Schulen diesmal offen bleiben – und zwar nicht nur im Notbetrieb. Denn auch anders als im Frühjahr ist der Wissenstand darüber, ob und in welchem Maß Kinder zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Vor einigen Monaten glaubte man noch, Kinder seien regelrechte Superspreader, nun beweisen zahlreiche internationale Studien genau das Gegenteil: Je jünger Kinder sind, desto weniger scheinen sie zum Infektionsgeschehen beizutragen. Sie infizieren sich seltener als Jugendliche oder Erwachsene, und wenn doch, bleiben sie meist ohne klinische Symptome und sind vermutlich weniger ansteckend. Der STANDARD hat darüber berichtet.

Eltern in Sorge

Die Entscheidung, den Kindergarten- und Schulbetrieb weitestgehend so normal wie möglich aufrechtzuerhalten, sorgt bei den meisten Eltern für Erleichterung. Dennoch machen sich viele auch Sorgen um ihre Sprösslinge. Im November gelten noch strengere Hygienevorschriften, neue Regelungen sind dazugekommen, um das Coronavirus einzudämmen. "Ich darf meine Zweijährige morgens nicht mehr mit in die Krippe begleiten", schreibt eine besorgte Wienerin in ein Facebook-Forum. Das mache ihr schon Gedanken, schließlich sei ihr Kind gerade erst eingewöhnt worden. Von einem privaten Wiener Träger hören wir, dass die Kinder nicht mehr in den nahe gelegenen Park gehen, weil sie sich dafür an den Händen halten müssten – und das sei verboten. Andere Eltern klagen darüber, dass teilweise nur ein Betreuer für eine Gruppe von über 20 Kindern anwesend sei. Man befürchte, dass dadurch auf die Bedürfnisse der Kinder gar nicht mehr eingegangen werden könne, dass das Personal völlig überfordert sei.

Welche Bestimmungen für die Kindergärten der Stadt Wien gelten, was nur Gerüchte sind und wie Personalengpässe umgangen werden sollen, hat der STANDARD bei der MA 10 erfragt. Hier alle Fragen und Antworten im Überblick:

Frage: Kinder müssen seit Dienstag von ihren Eltern bereits vor der Tür abgegeben werden. Gilt diese Regelung auch für Eingewöhnungskinder?

Antwort: Eine gelungene Eingewöhnungsphase ist von großer Bedeutung für den weiteren Kindergartenbesuch. In den städtischen Kindergärten wird, orientiert an den organisatorischen Möglichkeiten des Standortes und dem Fortschritt der Eingewöhnung, für alle daran Beteiligten möglichst individuell vorgegangen. Es gibt daher keine einheitliche, zentrale Regelung. Es ist etwa kein generell verpflichtendes "Schleusensystem" am Eingang vorgesehen. Vielmehr werden standortspezifische Regelungen nach den jeweiligen Gegebenheiten des Kindergartens getroffen, zum Beispiel in Abhängigkeit davon, ob es mehrere Ein- und Ausgänge gibt, wie eng die Gänge und Garderoben sind.

Frage: Werden nun kleinere Gruppen gebildet und Pädagogen zugeteilt?

Antwort: Es gibt weder vom Bildungsministerium die Empfehlung, noch von der Kindergarten- oder Gesundheitsbehörde die Vorgabe, kleinere Gruppen zu bilden. Dennoch werden sich in den Gruppen voraussichtlich weniger Kinder befinden. Aus der Erfahrung vom Frühjahr wissen wir, dass Eltern ihre Kinder im Lockdown vermehrt nicht in die Bildungseinrichtungen bringen.

Frage: Dürfen sich die Gruppen noch durchmischen?

Antwort: Nachdem die Bildungsampel nun auf "Orange" steht, ist das sogenannte "offene Arbeiten" nicht mehr möglich. Das heißt, die Kinder können sich im gesamten Kindergarten nicht mehr frei und gruppenübergreifend bewegen, sich nicht mehr in multifunktionalen Bereichen mit anderen Kindern treffen etc. Die Kindergartenkinder im städtischen Kindergarten sind nun in ihrem Aktionsradius auf die eigene Gruppe beschränkt. Früh- und Schlussdienste finden weiterhin in Sammelgruppen statt, unter genauer Einhaltung der Hygienevorschriften und mit Nachverfolgbarkeit der Kontakte. Wichtig ist dabei vor allem, dass keine ungeschützten Kontakte (ohne MNS) unter den Kollegen der verschiedenen Gruppen stattfinden.

Frage: Muss das Personal im Kindergarten einen Mund-Nasen-Schutz tragen?

Antwort: Ein MNS ist für alle Erwachsenen verpflichtend außerhalb des Gruppenraums zu tragen und nur, wenn Mitarbeiter der Kindergärten im direkten Kontakt sind (außer im Freien). Experten sind sich hier einig: Die Kinder brauchen die Mimik ihrer Betreuer, deswegen wird im Alltag mit den Kindern innerhalb der Gruppe auf den Mund-Nasen-Schutz verzichtet.

Frage: Wenn möglich soll der Alltag zu einem Großteil im Freien abgehalten werden. Gibt es hier fixe Zeiten, in denen die Gruppen in den (falls vorhanden) Garten gehen?

Antwort: Die jeweilige Vorgangsweise zum Aufenthalt im Freien ist standortspezifisch zu wählen – je nachdem, ob und wie viel Freifläche zur Verfügung steht. Eine Vermischung der Gruppen untereinander soll möglichst vermieden werden. Darüber werden alle Kontakte dokumentiert.

Frage: Gibt es generell neue Dienstpläne für Pädagogen?

Antwort: Die Dienstpläne der Kindergartenmitarbeiter werden laufend an die aktuelle Situation angepasst. Dies ist zu jeder Zeit im Hinblick auf Krankenstände et cetera eine grundsätzliche organisatorische Aufgabe einer Kindergartenleitung. In Bezug auf positive Testungen, "K1-Kontaktpersonen", Dienstfreistellungen et cetera ist dies aktuell eine besondere Herausforderung.

Frage: Karin Samer, Betriebratsvorsitzende des privaten Kindergartenträgers der Wiener Kinderfreunde, fordert, dass die Aufnahme von Assistenzpersonal möglich sein soll. Wie wird der Personalengpass jetzt im Herbst bei den städtischen Kindergärten gelöst?

Antwort: Wenn es tatsächlich an einem städtischen Standort zu einem Personalengpass kommt, werden individuelle Lösungen gefunden. Da derzeit auch weniger Kinder in den Kindergärten sind, gelingt dies in vielen Fällen gut. Bei verstärktem Personalausfall müssen unter Umständen Anpassungen der Öffnungszeiten vorgenommen werden. Dies geschieht jedoch immer in direkter Abstimmung mit den Eltern und anhand des konkreten Bedarfs.

Frage: Ein privater Träger der Stadt Wien macht man keine Ausflüge mehr ins Freie, weil sich die Kinder nicht die Hände geben sollen. Wie wird dies in den städtischen Kindergärten gehandhabt?

Antwort: Diese Vorgabe gibt es in den städtischen Kindergärten nicht.

Frage: Den Pädagogen wurde offenbar gesagt, dass immer versucht werden soll, einen Mindestabstand von einem Meter zwischen den Kindern einzuhalten. Wie realistisch ist diese Maßnahme bei einer Gruppe von 21 Kindern, die sich den ganzen Tag gemeinsam in einem Raum aufhalten?

Antwort: Es ist uns in den städtischen Kindergärten ein besonderes Anliegen, Kindern so viel Normalität und Kontinuität wie möglich im Alltag zu vermitteln. Gewohnte Routinen geben Sicherheit. Es wird dennoch darauf geachtet, Abstand unter Kindern einzuhalten – etwa beim Essen oder im Morgenkreis. Aus organisatorischer und aus pädagogischer Sicht ist dies in den für Kindern so wichtigen Spielsituationen aber nicht immer möglich. Kontakt im Spiel wird nicht unterbunden, da dieser wichtig für soziale-emotionale Entwicklung und die psychische Gesundheit ist: Kinder brauchen Spiel, Kontakte, Freunde, körperliche Nähe.

Frage: In einem Kindergarten gibt es nun die Regelung, dass etwa nur noch vier Kinder in die Spieleecke dürfen. Das ist bei einer Anzahl von 21 Kindern sehr wenig. Kommt diese Regelung von der MA 10 oder beschließt das die Einrichtung individuell?

Antwort: Es gibt dazu in den städtischen Kindergärten keine zentrale Vorgabe. Allerdings gibt es häufig auch unabhängig der Corona-Situation Regeln, wie viele Kinder gleichzeitig in einem bestimmten Bereich sein können.

Frage: Gibt es Dinge, die jetzt verboten sind, die sonst erlaubt waren im spielerischen Alltag, wie etwa das Singen?

Antwort: Der Alltag in den städtischen Kindergärten wird weiterhin so weit wie möglich nach elementarpädagogischen Grundsätzen und mit den Bedürfnissen der Kinder im Vordergrund gestaltet. Musizieren und Singen ist weiterhin erlaubt.

Frage: Dürfen Kinder mit Schnupfen gebracht werden, wenn sie ansonsten gesund wirken?

Antwort: Es gilt grundsätzlich, unabhängig von Corona, dass kranke Kinder nicht in den Kindergarten kommen dürfen. Der Schutz aller Kinder und Mitarbeiter ist besonders wichtig. Eine mögliche Erkrankung eines Kindes sollte medizinisch abgeklärt werden. Wir plädieren hier für Augenmaß. Ein mehrmaliges Niesen, eine leicht rinnende Nase ohne sonstige Symptome oder ein einmaliges Husten alleine ist noch kein Anlass für eine Abklärung. Starke Beschwerden, die dazu führen, dass das Kind dem Gruppengeschehen nicht folgen kann – und das kann wohl durch "normalen" Schnupfen bedingt sein – sind ein Grund dafür, dass sich das Kind zu Hause in Ruhe auskurieren soll.

Frage: Wie ist aktuell das Vorgehen, wenn im Kindergarten ein Verdachtsfall auftritt?

Antwort: Sollten bei einem Kind Symptome auftreten, wie etwa Fieber und Husten, werden die Eltern informiert und das Kind abgeholt. Im nächsten Schritt wird die 1450 angerufen und ein Test eingeleitet. Die anderen Kinder bleiben weiterhin in der Gruppe, der Kindergartenalltag unverändert. Sollte sich das Testergebnis als positiv herausstellen, werden alle K1-Personen nach Hause geschickt und müssen für 10 Tage in Quarantäne. Ein Test wird für die Kontaktpersonen nur eingeleitet, sobald Symptome auftreten. (Antwort von Andreas Huber, Sprecher des medizinischen Krisenstabs der Stadt Wien). (red, 5.11.2020)