Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hätte den Koalitionspartner anschwärzen können, tat es aber nicht.

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Wenn Karl Nehammer von Schuldzuweisungen spricht, dann sind sie immer "wechselseitig" und zu unterlassen. Es war also womöglich die Linie des türkisen Innenministers, der die grüne Justizministerin Alma Zadić am Mittwochabend im "ZiB 2"-Interview folgte.

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Denn wäre es ihr um eine Verteidigung gegen die Vorwürfe ihres Koalitionspartners gegangen, wäre sie in einer komfortablen Situation gewesen: Nach dem Anschlag vom Montag hatte Kanzler Sebastian Kurz die Justiz wegen der vorzeitigen Entlassung des Täters mitverantwortlich gemacht. Was einerseits faktisch falsch war und andererseits später vom Versagen im Bereich des ÖVP-geführten Innenministeriums überschattet wurde, Stichwort Munitionskauf in der Slowakei.

Da wäre es ein Leichtes gewesen, ausführlich die Versäumnisse der Ermittler breitzutreten und gleichzeitig bestimmte Vorwürfe an die Justiz zu entkräften – auch ohne Regierungskollegen direkt anzuschwärzen.

Drängende Fragen

Zadić entschied sich aber für die Koalitionsräson. Auch auf die immer drängenderen Fragen von Moderatorin Lou Lorenz-Dittelbacher war ihr keine Schuldzuweisung ans Innenressort zu entlocken. Es bringe nichts, jetzt nach Schuldigen zu suchen, man müsse jetzt nach vorne schauen und Lösungen suchen, sagte die Justizministerin.

Für die Justiz sei wichtig, dass der Informationsfluss zur Exekutive gut funktioniert. Deshalb sei sie froh, dass der Innenminister eine Neuaufstellung des Verfassungsschutzes angekündigt habe. Daraus lässt sich nur mit viel Mühe die zugrunde liegende Verortung der Verantwortlichkeit destillieren. (Sebastian Fellner, 5.11.2020)