Die neuen Regeln, auf die vor allem Gastronomen und Hotelbetreiber gespannt warten, werden derzeit finalisiert.

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Schnell und unbürokratisch will man Unternehmen entschädigen, die wegen des neuerlichen Lockdowns im November zusperren müssen, verkündete Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Wochenende. Herzstück des neuen Pakets ist, dass Unternehmen aus behördlich still gelegten Branchen 80 Prozent ihrer Umsätze vom November 2019 ersetzt werden. Die Regeln zur Kurzarbeit, inzwischen in Phase III angekommen, wurden ebenfalls adaptiert. So ist es möglich, die Arbeitszeit von Mitarbeitern auf null zu setzten, solange der Lockdown dauert.

Doch im Detail gestaltet sich die Neuregelung kompliziert und sorgt auch für Diskussionen zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und Grüne. Einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen: Wie vertragen sich Kurzarbeitsförderung und Umsatzersatz? Der Wirtschaftsflügel der ÖVP, die Hotellerie und Gastronomie, drängt darauf, keine Gegenrechnung zu machen. Der Ersatz des Umsatzes soll also geleistet werden, und zwar ohne dass erhaltenes Kurzarbeitsgeld davon abgezogen werden muss. Doch genau das würde in vielen Fällen zu einer beträchtlichen Überförderung führen.

Kostenersatz ohne Kosten

Wenn ein Unternehmen alle seine Mitarbeiter voll in Kurzarbeit schickt, werden die Gehälter vom AMS finanziert. Geschlossene Betriebe haben zudem weniger bis gar keine Kosten für Wareneingang. Wenn parallel dennoch der größte Teil des Umsatzes, aus dem die Kosten zu decken sind, ersetzt wird, dürfte das bei Betrieben im November zu ansehnlichen Gewinnen führen. Zudem ist es möglich, dass der Lockdown im Dezember verlängert wird: Finanziert der Staat also Gewinne für Restaurants und Hotels?

Bei den Grünen ist man jedenfalls der Ansicht, dass eine Begrenzung eingezogen gehört, die zumindest krasse Fälle von Überförderungen verhindert. Das Argument der Partei geht so: Restaurants und Hotels müssen behördlich verordnet im November schließen. Aber auch viele Zulieferbetriebe wie Fleischhauer oder Bäcker sind betroffen. Manche dieser Unternehmen werden ebenfalls alle Umsätze verlieren. Diese Betriebe haben aber dennoch nur Zugang zum Fixkostenzuschuss, der nur die Deckung von bestimmten Ausgaben zulässt und viel weniger Geld bringt. Unternehmen ungleich zu behandeln sei unfair.

Krasse Fälle begrenzen?

Eine Idee lautet daher, doch eine Gegenrechnung zu machen: Gastronomen und Hotels sollen demnach Kurzarbeitsgeld und Umsatzersatz in Höhe von maximal 100 Prozent des Umsatzes aus dem vergangenen Jahr beziehen können. Damit dieses Geld unbürokratisch beantragt werden kann, soll diese Gegenrechnung erst im Nachhinein erfolgen. Ob sich die Grünen damit durchsetzen, ist fraglich.

Federführend zuständig ist das ÖVP-geführte Finanzministerium. Dort heißt es, dass die finalen Details zu der Verordnung erarbeitet werden. Die Regelung könnte vielleicht schon heute, Freitag, präsentiert werden. Der Vorschlag der Grünen stößt in der ÖVP auf Ablehnung. Kurzarbeit im Nachhinein gegenzurechnen sei aufwendig und nicht prak tikabel. Der Sprecher der Wirte bei der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, formuliert es so: "Die Branche ist kaputt. Dass nun hinterfragt wird, wenn einen Monat aus dem miserablen Jahr ein paar Euro mehr an Entschädigungen ausbezahlt werden, ist Chuzpe, ja geradezu unfassbar." Bei Arbeitnehmern sieht man solche Argumente kritisch und spricht ebenfalls von Überförderungen.

Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben die neuen Regeln zur Kurzarbeit mitverhandelt. Die Kompensation beim Umsatz auszuarbeiten obliege nunmal der Regierung, heißt es beim ÖGB. Fix ist, dass staatliche Kredit garantien bei der Umsatzentschädigung angerechnet werden müssen. Das gibt das EU-Recht vor. Begrenzt ist der Umsatzersatz auf 800.000 Euro im Monat, auch das ist eine EU-Vorgabe. Einnahmen aus Zustellungen müssen nicht gegengerechnet werden. Andernfalls hätten Betriebe, die viel zustellen, einen Nachteil.

Unklar ist, wie der Kündigungsschutz aussieht: Kurz sagte, im Gegenzug für die Umsatzentschädigung dürfen Betriebe niemanden kündigen. Wirtesprecher Pulker meint, das könne nur ab dem Tag der Veröffentlichung der Verordnung gelten. Der neue Lockdown hat bereits am Dienstag begonnen.In Deutschland übrigens, wo eine ähnliche Regelung greift, wird die Kurzarbeit gegengerechnet. (András Szigetvari, 6.11.2020)