Die Durchsuchungen fanden auf Basis von Erkenntnissen der österreichischen Justiz statt, so das deutsche Bundeskriminalamt.

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Wien/Berlin – Die Spuren des islamistischen Attentäters von Wien führen auch nach Deutschland. Wie das deutsche Bundeskriminalamt Freitagfrüh auf Twitter mitteilte, durchsuchten Beamte im Auftrag des Generalbundesanwalts die Wohnungen und Geschäftsräume von vier Personen in Osnabrück, Kassel und bei Hamburg. Die Durchsuchungsbeschlüsse seien am Donnerstag auf Grundlage von Erkenntnissen verfügt worden, die von der österreichischen Justiz übermittelt worden seien.

Alle vier Männer aus Deutschland, die zwischen 19 und 25 Jahre alt sind, rechnen die Ermittler der Islamistenszene zu, wie die Deutsche Presse-Agentur in Karlsruhe erfuhr. Zwei von ihnen kommen aus Osnabrück. Die anderen Durchsuchungen fanden in Kassel sowie im Kreis Pinneberg (Schleswig-Holstein) statt.

In Wien auf Besuch

Die Hausdurchsuchungen werfen auch die Frage auf, wie stark der Attentäter von Wien von den österreichischen Behörden nach seiner Haftentlassung überwacht wurde. Der Mann aus Kassel und einer der Osnabrücker waren nach dpa-Informationen vom 16. bis 20 Juli in Wien. Das hätten die deutschen Behörden laut einem Bericht des "Spiegel" von ihren österreichischen Kollegen erfahren. Dort hätten sie sich mehrmals mit dem späteren Attentäter getroffen. Einer der beiden sei sogar bei ihm untergebracht gewesen, hieß es aus deutschen Sicherheitskreisen. Außerdem habe es Kontakt über einen Messenger-Dienst gegeben.

Auch der dritte Mann soll laut Bundesanwaltschaft und BKA über das Internet Kontakt zu dem Attentäter gehabt haben. Der Vierte hatte demnach keine direkte Verbindung, soll aber mit Kontaktpersonen des Mannes ebenfalls übers Internet kommuniziert haben.

Der Mann aus Schleswig-Holstein ist nach Informationen des "Spiegel" einschlägig aktenkundig und soll mit seiner Familie früher in Wien gelebt haben. Wegen eines fehlgeschlagenen Ausreiseversuchs nach Syrien mit anderen Islamisten sei er vor zwei Jahren vom Hamburger Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Auch Schweiz betroffen

Mindestens zwei der Männer hatten die deutschen Sicherheitsbehörden dem Vernehmen nach schon länger auf dem Schirm. Ob es über ihre Kontakte zu dem späteren Attentäter schon vor dem Anschlag einen Austausch mit den österreichischen Behörden gab, war zunächst unklar.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte am Donnerstag erklärt, zwei Ermittlungsstränge zu dem Anschlag vom Montag führten ins Ausland. In der Schweiz seien bereits zwei Männer festgenommen worden. Das zweite Land nannte Nehammer nicht. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer sagte aber: "Wir haben durch den Fall in Wien auch Bezüge nach Deutschland hin zu Gefährdern, die rund um die Uhr überwacht werden."

Gut vernetzt in Österreich

Auch in Österreich war der Attentäter mit mehreren Personen aus der islamistischen Szene vernetzt. Das beweisen die 16 Festnahmen nach dem Attentat. Laut Staatsanwaltschaft sollen sie dringend verdächtig sein, einen Tatbeitrag geleistet oder selbst das Verbrechen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung bzw. kriminellen Organisation begangen zu haben.

Für acht Festgenommene wurde am Donnerstag die Untersuchungshaft beantragt, sechs Verdächtige wurden enthaftet und zwei waren am Freitagnachmittag noch in keine Justizanstalt eingeliefert worden. Bei den Enthafteten hätte sich der Verdacht nicht erhärtet, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nina Bussek am Freitag. (red, APA, 6.11.2020)