1969 erwarb die Länderbank dieses Gemälde von Rosalia Amon für umgerechnet 42.000 Euro (nach heutigem Wert). Nun gelangt "Die welke Rosenknospe" (36.000-45.000) aus der Sammlung der Bankaustria im Dorotheum zur Versteigerung.

Foto: Dorotheum

Jene "Kulturverliebten" (© Bundeskanzler Sebastian Kurz), die derzeit auf Museumsbesuche verzichten müssen, bietet der Kunsthandel durchaus eine Alternative: bei freiem Eintritt und ohne Kaufzwang. Im Palais Dorotheum etwa, wo man am Wochenende Gemälde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts besichtigen kann, die ab Montag versteigert werden.

Dazu gehören zwei Werke einer gewissen Rosalia Amon, einer Künstlerin, über deren Vita wenig bekannt ist, außer dass sie von Ferdinand Georg Waldmüller ausgebildet wurde. Daran knüpft auch das Auktionshaus an: Auf der einen Wand präsentiert man zwei Bilder des Lehrers, gegenüber Die welke Rosenknospe (36.000–45.000) und ein Blumenstück (25.000– 35.000) der Schülerin.

Die Genreszene zeigt ein Mädchen, das seiner Mutter die früh verwelkte Knospe eines Rosenstocks entgegenhält. Die Erzählung erschließt sich aus den auf dem Tisch verteilten Gegenständen: Die Knospe symbolisiert eine ältere Schwester (Porträtmedaillon), die noch vor dem Aufblühen zu einer erwachsenen Frau schwer erkrankte (Arzneifläschchen).

Vormals Sammlung Länderbank

Zur besseren Verkäuflichkeit hatte der Dorotheum-Experte 1969 das Genrebild als Gemeinschaftsarbeit von Amon mit ihrem einstigen Lehrer Ferdinand Georg Waldmüller ausgewiesen, wie auch die Plakette auf dem Rahmen belegt.
Foto: Dorotheum

Als bemerkenswert erweist sich die neuzeitliche Plakette, die irgendwann auf dem Rahmen montiert wurde: "Ferdinand Georg Waldmüller" steht in großen Lettern, darunter in kleineren "Rosalia Amon".

Was es damit auf sich hat? Die Information findet sich in einem alten Auktionskatalog des Dorotheums vom Dezember 1969. "Die außerordentliche persönliche Malweise der Figuren" decke sich "so weitgehend mit der Handschrift von F. G. Waldmüller, dass kein Zweifel darüber" bestünde, dass "der Lehrer gemeinsam mit seiner Schülerin am Werke war", meinte der damalige Experte Hans Herbst, der das von Amon signierte und 1847 datierte Gemälde als Gemeinschaftsarbeit auswies.

Ein Urteil, das der besseren Verkäuflichkeit diente, ohne diese faktisch zu belegen. Für ein Meistbot von 120.000 Schilling – nach heutigem Wert rund 42.000 Euro – erwarb es die einstige Länderbank. Das zuletzt in der Sammlung der Bank Austria beheimatete Bild wird jetzt im Auftrag der Konzernmutter Unicredit versteigert.

Posthume Abwertung

Der Status Waldmüller-Schülerin sollte Rosalia Amon zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen, birgt allerdings auch eine abwertende Note, die bis heute den Blick auf ihr Schaffen verstellt. Die historische Realität war eine andere. Liest man Berichte über ihre Teilnahme an Ausstellungen der Wiener Akademie ab 1841, wird der Name ihres Lehrers nie erwähnt. Das Schüler-Narrativ entstand erst im 20. Jahrhundert.

Das bestätigt auch Elke Doppler, Kuratorin am Wien-Museum, das 2009 bei "im Kinsky" Amons Junges Mädchen am Fenster mit Blumenstöcken (1849) – dem Freundeverein sei Dank – für knapp 56.000 Euro ersteigerte. Die Forschung hat sich mit Amon bislang kaum beschäftigt. Von ihrem Todesjahr sind die Varianten "vor 1856" und "c. 1907" geläufig. Der Genealoge Georg Gaugusch hat das korrekte Datum auf Anfrage innert weniger Minuten parat: Sie verstarb am 23. März 1855 in der k. k. Irrenanstalt in Wien. (Olga Kronsteiner, ALBUM, 6.11.2020)