"Grazer Tagblatt" vom 1. Dezember 1899

"Geistesgegenwart einer Frau"

"Der 'Ostasiatische Lloyd' erzählt folgende Geschichte von der wilden Tatkraft und der Geistesgegenwart einer Chinesin: Auf einsamem Bergpfade wanderte im vollen Feiertagsschmucke eine junge chinesische Bäuerin daher, um in dem zwei Stunden entfernten Dorfe bei Verwandten einer Festlichkeit beizuwohnen. Plötzlich tritt ihr an einer Wegebiegung ein Räuber entgegen, der mit alter verrosteter Flinte in der Hand das erschreckte Weib anschreit, alles herauszugeben, was sie an Schmuckgegenständen bei sich führe. Die Frau löst die Armbänder, nimmt das silberne Ohrgehänge und den silbernen Haarschmuck und reicht es dem Banditen dar.

'Ich sehe, Du trägst ein hübsch gesticktes Gewand — her damit.'

'Hoffentlich wirst Du so höflich sein und Dich umdrehen, wenn ich mich des Kleides entledige' — sagt im scherzhaften Tone das junge Bauernweib. Der Mann wandte sich um, und in demselben Augenblicke ergriff die Frau einen neben ihr liegenden Feldstein und zerschmetterte mit einem Schlage das Haupt des Räubers. Ruhig nahm sie die Schmuckstücke wieder und teilte den Leuten des Dorfes mit, dass sie auf der Höhe einen Räuber erschlagen habe."

"Neuigkeits-Welt-Blatt" vom 1. Dezember 1899

"Aus Angst – Kahlköpfig geworden" 

"Der Arzt Boissier in Paris erzählt folgenden merkwürdigen Fall, den er selbst beobachtet hat: ein 38jähriger Mann war Zeuge eines seinem Sohne zugestoßenen Unfalles. Er empfand heftige Angst, gefolgt von Zittern, Herzklopfen und Gefühl von Kälte und Ziehen im Kopfe und im Gesichte. 

Am nächsten Tage begannen dem Manne in Folge des erlittenen Schocks die Kopf-, Bart- und Augenbrauenhaare auszufallen, so dass er nach acht Tagen völlig kahl war. Die Haare begannen bald nachzuwachsen, sie waren anfangs farblos, nahmen erst später eine mehr lichtere Farbe als früher an und blieben auch weicher, als sie ursprünglich gewesen waren."

"Neue Wiener Friseur-Zeitung" vom 1. Dezember 1899

Der Schnurrbartbinden-Kamm, ein kolossaler Verkaufsartikel.
Foto: ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

(Kurt Tutschek, 1.12.2020)