Des einen Freud, des anderen Leid: In der Krise fahren Österreicher ihren Konsum herunter, worunter viele Branche leiden. Andere profitieren davon, dass die Sparquote laut Oesterreichischer Nationalbank heuer von 8,2 Prozent auf 13,4 Prozent emporschnellen soll – schließlich verbergen sich hinter dieser sperrigen Kennzahl Milliarden Euro, die dadurch in andere Kanäle gelenkt werden. Da die Liebe der Österreicher – zermürbt durch eine nicht enden wollende Nullzinsphase – zum Sparbuch sukzessive abkühlt, wird auch immer stärker in Wertpapiere veranlagt. Das spürt auch die Fondsbranche, vor allem heimische Anbietern profitieren von der Entwicklung.

In der Corona-Krise wird weniger konsumiert und mehr gespart. Dadurch suchen nun Milliarden Euro eine Form der Veranlagung – und finden sie bei Investmentfonds.
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Allein im dritten Quartal flossen laut dem Branchenverband VÖIG fast 1,5 Milliarden Euro in österreichische Fondsanbieter, sodass – zusammen mit den erzielten Kursgewinnen – das insgesamt verwaltete Vermögen mit gut 182 Milliarden Euro nur noch knapp unter dem Rekordwert des Vorjahres lag. "Es ist nicht verkauft worden, sondern zugekauft", sagt VÖIG-Generalsekretär Dietmar Rupar über die Kurseinbrüche zu Beginn der Corona-Krise. Im Gegensatz zu früher hatten die Anleger diesmal nicht "zur Unzeit" verkauft.

Aber sind es tatsächlich so viele enttäuschte Sparbuchfans, die ihr Geld nun anders anlegen wollen? "Ja, immer mehr Sparer wenden sich angesichts des Zinsumfeldes an den Kapitalmarkt", bestätigt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment. Ihm zufolge werden vor allem zwei Produktgruppen heuer verstärkt nachgefragt. Nämlich einerseits Mischfonds, bei denen Anleger in mehrere Vermögensklassen wie Aktien, Anleihen und Gold investieren, aber auch Nachhaltigkeitsfonds seien derzeit sehr beliebt. "Fondssparen geht endlich in die Breite", betont Wögerbauer.

Trend zu Nachhaltigkeit

Während auch andere heimische Fondsanbieter zuletzt kräftige Zuwächse verspürten – etwa Erste Asset Management, die ebenfalls einen "klaren Trend" zu nachhaltigen Investmentlösungen sieht –, läuft bei ausländischen Fondsgesellschaften das Geschäft in Österreich in normalen Bahnen. "Von privaten Investoren hat es keine großen Zuflüsse gegeben", berichtet etwa Thomas Kraus, Vertriebsleiter für die Dach-Region und Osteuropa beim US-Anbieter Invesco – und nennt zwei Gründe, warum die heimische Konkurrenz diesbezüglich heuer besser abscheidet.

Einerseits ist Kraus der Ansicht, dass derzeit vor allem "sehr konservative Anleger" neu eine Veranlagung suchen würden, bei denen tendenziell österreichische Fondsgesellschaften einen großen Anteil verwalten. Zu ausländischen Anbietern würden weniger konservative Investoren greifen, die in spezielle Themen veranlagen wollten. Zudem seien die meisten heimischen Anbieter in einen Bankkonzern eingebunden, hätten also direkten Zugang zu den Privatkunden durch ein Filialnetz.

Karten neu gemischt

Noch kann der letzte bankunabhängige heimische Anbieter, die Salzburger Spängler Iqam Invest, davon nicht profitieren – dennoch berichtet Geschäftsführer Markus Ploner: "Das Jahr 2020 ist bei uns bis jetzt gut gelaufen." Und nächstes Jahr werden die Karten bei Spängler ohnedies neu gemischt, denn zu Jahresende sollen die Salzburger von der deutschen Fondsgesellschaft Deka übernommen werden – mit dem Filialnetz der deutschen Sparkassen im Rücken.

Wie lange die Sonderkonjunktur für heimische Anbieter anhält, bleibt ohnedies abzuwarten, schließlich erwartet die Nationalbank für 2021 eine Normalisierung der Sparquote bei 7,7 Prozent. 3-Banken-Generali-Chef Wögerbauer sieht dennoch ungebrochene Zuflüsse von Sparern, denn: "Angesichts von Corona und der Staatsschulden ist das Nullzinsumfeld auf Jahre einzementiert." (Alexander Hahn, 7.11.2020)