Für den US-Fastfood-Riesen McDonald’s haben sich die staatlichen Hilfen in Österreich bisher bewährt.

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Wien – Es geht zu wie in einem Taubenschlag. Im Minutentakt laden Fahrradzusteller warmes Fastfood in ihre gelben Rucksäcke. Auf 120 Bestellungen kommt er in normalen Wochen. In dieser waren es 230 Orders, erzählt ein Lieferant, ehe er sich hurtig aufs Radl schwingt.

Überschaubarer ist die Schlange an Autos, die sich rund um die Mittagszeit am Wiener Gürtel vor dem Drive-in-Restaurant des Burgerbraters McDonald’s bildet. Allein einem Taxifahrer wird sie zu lang, er kratzt vorab die Kurve. Eine Partie Rauchfangkehrer blickt wehmütig Richtung Eingang. "Uns fehlt die Sitzgelegenheit für die Mittagspause. Gegessen wird jetzt halt im Auto."

Zögerlicher Zulauf

Direkt in die Filiale hinein wagen sich Kunden abseits eiliger Zusteller aber nur tröpfchenweise. Sie habe seit März kein Restaurant mehr besucht, gesteht eine Dame mit zwei Kindern freimütig ein. Wiewohl sie jetzt, wo es draußen frostig kalt sei, nichts dagegen hätte, sich während des Essens aufwärmen zu können.

"Wundert es Sie, dass alles wieder zu hat? Viele Leute tragen nicht einmal in der U-Bahn Masken", meinen Teenager kopfschüttelnd, ehe sie zu ihren Pommes frites greifen.

Nikolaus Piza hofft, in den kommenden Wochen trotz der aufgrund von Corona erneut geschlossenen Gastronomie 30 bis 40 Prozent des November-Umsatzes des Vorjahres zu verbuchen. Denn anders als beim ersten Lockdown ist es McDonald’s diesmal erlaubt, offen zu halten.

Nur die Sitzplätze bleiben Gästen versperrt: Wer in den Filialen bestellt, muss draußen essen. Bis auf einen Standort am Flughafen Wien sind alle Restaurants in Betrieb.

Start ohne einen Euro Umsatz

Piza führt seit April das Geschäft der größten österreichischen Fastfood-Kette. Er geht in die Geschichte des Konzerns als jener Chef ein, der ohne ein einziges offenes Restaurant startete. "Ich hatte im ersten Monat null Euro Umsatz. Das haben bisher nicht viele Geschäftsführer bei McDonald’s sechs Monate überlebt. Ich bin noch hier."

Im Frühjahr dauerte es einen Monat, bis Autofahrer den Burgerriesen wieder anfahren durften. Der erste Ansturm erforderte teils Polizeieinsatz, um den Verkehr vor Einfahrten zu regeln. Seither wurde es ruhiger.

Vom Rekordumsatz 2019 in Höhe von 700 Millionen Euro hierzulande sieht Piza McDonald’s heuer weit entfernt. Das schnelle Essen in der Krise seien altbewährte Burger und Kaffee. Komplexes teureres Fastfood vermissten die Österreicher kaum.

Einbußen von 50 Prozent

An Bahnhöfen und in von Touristen getragenen Standorten liege das Unternehmen zu 50 Prozent unter dem Vorjahr. Starke Einbußen gebe es vor allem seit September. Für Piza gibt es daher im Gespräch mit dem STANDARD keinen Grund, warum McDonald’s nicht in den Genuss der neuen Förderungen kommen sollte.

80 Prozent des im November verloren gegangenen Umsatzes will die Regierung Wirten ersetzen. Kritiker warnen, dass dies jenen, deren Geschäft primär auf Selbstabholung und Lieferservice basiert, ein sattes Körberlgeld bringen könnte.

Piza dreht den Spieß um. "Warum sollen Betriebe, die für Gäste da sind und Steuern zahlen, dafür bestraft werden? Es wäre leistungsfeindlich, ihnen Staatshilfe zu verwehren." In diesem Fall würden Systemgastronomen wohl auf das Ausliefern zur Gänze verzichten und sich stattdessen lieber fördern lassen. "Aber sollen die Österreicher daheim 30-mal hintereinander Nudeln essen?"

Piza pocht auf rasche Kompensation. Das 14. Gehalt stehe bevor. Das belaste den Cashflow aller Wirte, ob sie nun Sacher, Motto am Fluss oder McDonald’s hießen. Offen lässt er, ob für einen Teil der 9600 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt wird. Derzeit seien Filialen personell überbesetzt. Es gelte abzuwarten, wie sich der Umsatz pro Stunde entwickle.

Die bisherigen Hilfen hätten sich bewährt, sagt Piza. Auch wenn McDonald’s höheres Tempo und bessere Koordination bei der Abwicklung eingemahnt habe. Gut nennt er die Gastrogutscheine für Wiener, wiewohl sie für seine Restaurants "keine große Bedeutung" hatten.

Bewährte Hilfen

Ob es für die Gastronomie treffsicherere Instrumente gebe als eine niedrigere Mehrwertsteuer, darüber lasse sich streiten. Geholfen habe sie jedenfalls. Dass sie nicht an Konsumenten weitergegeben wurde, hält der McDonald’s-Boss für vernünftig: Es sei keineswegs gewiss, dass das Volumen an Kunden andernfalls gewachsen wäre. "Österreichs Gastronomie fehlen heuer Millionen Gäste. Keiner ist davor gefeit, hunderttausende Schnitzel zu verlieren. Viele Wirte stehen vor dem Ruin."

Piza verspricht den eigenen Franchisepartnern bei Umsatzausfällen Unterstützung bei der Pacht, Stundungen und Marketingbeiträge. Von den Plänen für neue Filialen in Österreich will McDonald’s trotz Pandemie nicht abrücken. "Wir verstärken unsere Expansion sogar, sehen für uns mehr Chancen zu wachsen", kündigt Piza an. In der Krise sei ein hoher Prozentsatz an Mitarbeitern gehalten worden. Ziel sei es, weitere Arbeitsplätze zu schaffen.

Profitiert der Fastfood-Riese von der Schwäche der Konkurrenz? "Wir leben von Vielfalt in der Gastroszene, wir haben nichts davon, wenn andere in die Knie gehen." Viele traditionelle kleine Wirtshäuser in Innenstädten ließen sich zudem gar nicht mit Fastfood-Konzepten bespielen. (Verena Kainrath, 7.11.2020)