Am Ende bleibt eine einzige Frage: Wieso haben fast 50 Prozent der Amerikaner zu Donald Trump gehalten? Ein pathologischer Lügner, ein Möchtegern-Autokrat mit einer langen Ahnenreihe von Mussolini bis Lukaschenko, ein Rassist, ein absurder Aufschneider und Prahlhans, einer mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung, ein Korruptionist, ein Frauenbelästiger, ein kriminell Inkompetenter – viele haben gewusst, was für einer er ist, aber sie haben ihn trotzdem noch einmal gewählt.

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Die größten Ängste in den USA hat die weiße untere Mittelschicht. Diese hat Trump die Treue gehalten.
Foto: REUTERS/SHANNON STAPLETON

Warum? Die größten Ängste in den USA hat die weiße untere Mittelschicht. Die hat ihm die Treue gehalten. Nicht weil er so viel für sie getan hat – hat er nicht –, sondern weil er ihnen als Garant dafür erschien, dass in den USA alles beim Alten bleibt. Also letztlich bei der dominierenden Stellung der Weißen, die sie dadurch bedroht sehen, dass sie in etwa zwanzig Jahren in der Minderheit sein werden.

Ein Amerika, in dem die verdammten Farbigen, die Zuwanderer, die "Liberals", die LGBT-People, die globalisierten Eliten an der Ost- und an der Westküste, die Nichtreligiösen, die Muslime und die Waffengegner auf ihren Platz verwiesen werden. Die Spaltung existiert wie in so vielen anderen westlichen Demokratien zwischen denen, die das Gefühl haben, dass ihre Welt den Bach runtergeht – und den anderen. Zwischen den kulturell Offenen und den kulturell Konservativen. Trump hat das nur ausgenutzt. (Hans Rauscher, 6.11.2020)